Rechtsanwalt Dr. Martin Heither von der Kanzlei Heither Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB erklärt die wichtigsten rechtlichen Grundlagen zur Ausgestaltung von Arbeitsverträgen mit dem Fokus auf arbeitsrechtliche Folgen für Start Up Unternehmen.
Rechtsanwalt Dr. Martin Heither von der Kanzlei Heither Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB erklärt die wichtigsten rechtlichen Grundlagen zur Ausgestaltung von Arbeitsverträgen mit dem Fokus auf arbeitsrechtliche Folgen für Start Up Unternehmen.
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Guten Tag meine Damen und Herren. Ich
begrüße sie ganz herzlich zum Business Talk am Ku´damm. Mein Name ist Fozia
Butt. In der heutigen Ausgabe spreche ich mit dem Rechtsanwalt Dr. Martin Heither von
der Berliner Anwaltskanzlei Heither & von Morgen über die wichtigsten Aspekte
des Arbeitsrechts für Start-Up-Unternehmen.
Fozia Butt: Herr Dr. Heither,
Start-Up-Unternehmen sind ja häufig geprägt von schnellen Transformationsprozessen.
Zu den stärksten Herausforderungen zählen unter anderem ein kurzfristiger Personalausbau
sowie eine dynamische Teamentwicklung. Was sind denn die wichtigsten Grundsätze,
die Start-Up-Unternehmen bei der Ausgestaltung ihrer Arbeitsverträge beachten
sollten.
Dr. Martin Heither: Schönen guten Tag, vielen Dank erstmal für die Einladung. Es gibt sehr
viele Grundsätze, die man bei der Arbeitsvertragsausgestaltung beachten kann. Gerade
für Start-Up-Unternehmen ist zunächst erstmal das wichtigste Instrumentarium wahrscheinlich
die Befristung von Arbeitsverhältnissen, denn Sie wissen nicht genau, wie lange
besteht der Beschäftigungsbedarf? Besteht er
überhaupt für einen Zeitraum von zwei, drei Jahren? Insofern bietet sich das Instrumentarium
der Befristung sehr gut an. Vor allen Dingen, weil bei normalen und sachgrundlosen
Befristungen der Zeitraum nur zwei Jahre beträgt für den ich die Arbeitsverträge
abschließen kann. Bei echten Neugründungen aber kann ich aber vier Jahre sachgrundlos
befristen. Das heißt wir haben eine große Flexibilisierungsmöglichkeit, die
mehrfache Verlängerung auch einzelner Verträge ist möglich. Ich kann
beispielsweise zunächst erstmal für sechs Monate den Vertrag befristet
abschließen und dann mehrfache Befristungen bis eben zur Gesamtdauer
von vier Jahren daran anschließen.
Neben dieser sachgrundlosen Befristung
ist im Arbeitsvertrag aber vor allen Dingen auch auf das Flexibilisierungsinstrument
Arbeitszeit zu achten. Das heißt Start-Up-Unternehmen haben nicht immer den gleichförmigen
Beschäftigungsbedarf über das gesamte Jahr, sondern wollen natürlich auch für
die eine oder andere Phase Mehrarbeit – und in der anderen wiederum brauchen
sie weniger Arbeit. Da gibt es aber auch rechtliche Rahmenbedingungen zu
beachten, da sollte man dann tatsächlich einen Arbeitsrechtler heranziehen, zu Rate
ziehen, der Ihnen dann bei dieser Ausgestaltung hilft. Dasselbe gilt übrigens
auch für das Arbeitsentgelt, da ist es beispielsweise möglich bestimmte Entgeltbestandteile
von der Höhe bis zu 25 Prozent sozusagen mit einem Widerruf zu versehen, so
dass ich dann Möglichkeiten habe, im Fall einer schlechteren konjunkturellen Situation,
diese Entgeltbestandteile dem Arbeitnehmer wieder zu entziehen. Das geht
natürlich nicht schrankenlos und da muss man auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
dazu sehr genau studieren und kennen, um rechtssicher solche Vertragsgestaltungen
zu wählen.
Schließlich noch ein letzter Hinweis
auf Ausschlussfristen. Start-Up-Unternehmen haben wie jedes Unternehmen
natürlich auch Interesse an einer rechtssicheren Gestaltung. Insbesondere wenn Arbeitnehmer
nach einem längeren Zeitraum noch ankommen könnten und Ansprüche gegen das Unternehmen
geltend machen könnten, wäre das für die Entwicklung und den Fortbestand des Unternehmens
möglicherweise von großer Gefahr. Deswegen auch hier die Möglichkeit eine Ausschlussfrist
im Arbeitsvertrag zu vereinbaren. Da kann man beispielsweise regeln, dass ein Arbeitnehmer,
der nicht innerhalb von drei Monaten seine Ansprüche geltend macht, dieser Ansprüche
verlustig geht.
Fozia Butt: Interessant,
denn insbesondere Sales- und IT-Abteilungen in jungen Unternehmen wenden ja
häufig befristete oder projektbezogene Arbeitsverträge an. Welche sind die
wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen, die es zu beachten gilt, abgesehen
von diesen Vier-Jahres-Regeln?
Dr. Martin Heither: Also, da ist es natürlich so, wenn Sie jetzt eine sachgrundlose Befristung
ausgeschöpft haben, können sie immer noch mit Sachgrund befristen. Da gilt es
allerdings Vorsicht zu walten bei Projektbefristungen, denn die Projektbefristungen
sind sehr schwierig als Sachgrundbefristung
darzustellen. Der Unternehmer darf nicht Daueraufgaben einfach in Form von Projekten
kleiden und somit versuchen das Sachgrundbefristungsrecht zu umgehen. Das geht nicht, also
insofern ist da immer Vorsicht geboten, da muss man dann wahrscheinlich vorher tatsächlich
einen Anwalt fragen, ob das im Einzelfall möglich ist.
Bei der Verlängerung von befristeten
Arbeitsverhältnissen muss man aufpassen, dass man die niemals zusammen mit Änderungen
von Arbeitsbedingungen beschließt, sondern für sich genommen immer nur die Verlängerung
tatsächlich vereinbart. Die Konsequenz wäre sonst, dass der Vertrag auf
unbefristete Zeit als abgeschlossen gilt. Insoweit wäre dann das Problem, dass
möglicherweise das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finden würde. Dann kann ich
nur noch mit einem Kündigungsgrund, der im Kündigungsschutzgesetz verankert ist,
kündigen.
Fozia Butt: Herr Heither,
gerade Start-Ups legen wir Wert auf eine hohe Mitarbeiterbeteiligung als Bestandteil
des Gehalts. Hierzu gehören zum Beispiel Bonusprogramme, Provisionen oder Mitarbeiteroptionen.
Können Sie uns da vielleicht noch mal die rechtlichen Unterschiede zu dieser Art
von Beteiligungsmodellen erläutern?
Dr. Martin Heither: Es gibt sehr viele Modelle der Beteiligung von Arbeitnehmern oder auch Führungskräften,
das geht hin bis zum Geschäftsführer. Bei Geschäftsführern eher üblich sind Optionsbezugsrechte,
das heißt Optionen auf Aktienanteile oder bestimmte Gewinnanteile zu vereinbaren.
Bei Mitarbeitern ist es üblich Bonusprogramme zu etablieren, das heißt die
werden an persönlichen Zielerreichung geknüpft in Form von Zielvereinbarungen,
die mit dem Arbeitnehmer geschlossen werden. Schließlich gibt es aber dann auch noch Provisionen,
die könnten sich dann unter Umständen nach dem Provisionsrecht aus dem Handelsgesetzbuch
richten. Das ist dann auch wiederum für den Arbeitgeber von Nachteil, weil dort
dann doch bestimmt Rechte zwingend gelten, die für den Arbeitgeber nicht immer ganz
leicht zu erfüllen sind.
Fozia Butt: Welche
rechtlichen Pflichten wären das?
Dr. Martin Heither: Wenn es eine echte Provision wäre, müsste er einen Nachteilsausgleichanspruch,
das heißt nach Beendigung – das ist in der Regel aber nicht bei Arbeitsverhältnissen
der Fall, aber bei Freien Mitarbeitern – müsste er eine Handelsvertreterausgleichsprovision
zahlen. Die kann bis zu einer Jahresvergütung sogar gehen.
Fozia Butt: Herr
Heither, in einigen Fällen müssen sich Start-Ups während eines Transformationsprozesses
von Mitarbeitern trennen, obwohl der Personalstamm wächst. Unter welchen Umständen
sind denn betriebsbedingte Kündigungen trotz Wachstums möglich?
Dr. Martin Heither: Es ist immer relativ schwierig, das muss man gleich vorwegsagen. Wenn das
Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet und ich nicht während der Probezeit kündigen
kann, dann habe ich das Kündigungsschutzgesetz zu beachten. Bei betriebsbedingten Kündigungen stellt
sich dann immer das Problem, dass ich nur kündigen darf, wenn ich den Mitarbeiter
nicht auf einer freien Stelle weiter beschäftigen kann. Das wiederum kann
gegeben sein, wenn ich auf der einen Seite abbauen, auf der anderen Seite neu
einstellen will. Eine solche Kündigung geht nur dann, wenn die neue Stelle
keine vergleichbare Stelle ist, also beispielsweise eine Förderungsstelle sein
könnte oder die neue Stelle eine Stelle ist, die der Arbeitnehmer auch nicht
nach zumutbaren Umschulungsmaßnahmen erlernen kann, innerhalb einer zumutbaren Zeit.
Fozia Butt: Wie können Arbeitgeber
proaktiv vorsorgen um rechtliche Auseinandersetzungen etwa nach Kündigungen
möglichst zu vermeiden?
Dr. Martin Heither: Es mehrere Möglichkeiten. Sie können zum Beispiel eine sogenannte 1A-Kündigung aussprechen. Das heißt,
wenn Sie eine Kündigung aussprechen, können Sie gleichzeitig die Zahlung einer Abfindung
anbieten, wenn der Arbeitnehmer auf das Recht zur Erhebung der Kündigungsschutzklage
quasi dadurch verzichtet, dass er einfach die Drei-Wochen-Frist ablaufen lässt,
die normalerweise für die Klageerhebung vorgesehen ist.
Das Zweite ist, Sie können anstatt
die Form der Kündigung zu wählen einen Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitnehmer
in Erwägung ziehen, dann heben Sieeinvernehmlich das Arbeitsverhältnis
auf. Da ist natürlich darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer dadurch keiner Rechte
verlustig geht, bei der Bundesagentur für Arbeit durch die Verhängung einer Sperrzeit
beispielsweise, weil er an der Herbeiführung der Arbeitslosigkeit mitwirkt.
Fozia Butt: Herr Dr. Heither,
Sie haben die Abfindung angesprochen. Gibt es denn eine Faustformel die es zu
beachten gilt bei einem fairen Abfindungsangebot?
Dr. Martin Heither: Grundsätzlich kann man sagen, dass sich in der Arbeitsgerichtsbarkeit eine
Formel von 0,5 Brutto-Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr etabliert hat. Das
hat jetzt auch in den Paragrafen 1a Einzug erhalten, nachdem eine ähnliche Abfindung
gezahlt werden muss, 0,5 Brutto-Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr. Allerdings
variiert das auch in Branchen. Während in der Bankenbranche beispielsweise durchaus
üblich ist auch bis zu einem Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr zu zahlen, war
es in der Baubranche auch weniger als 0,5 Bruttomonatsgehälter zu zahlen. Aber an
dieser Faustformel kann man sich erstmal schon orientieren. Start-Up
unternehmen die wenig Geld haben, werden sicherlich diese Abfindungshöhe vielleicht
auch nicht erreichen.
Fozia Butt: Herr Dr.
Heither, ich bedanke mich für das interessante Gespräch.