Herzlich willkommen, lieber Herr Kögler, heute beim Business Talk am Ku’damm. Wir unterhalten uns heute über die Problematik der Nachfolgesuche für Unternehmen. Schön, dass Sie da sind.
Ferdinand Kögler: Danke. Danke für die Einladung.
Bis 2026 werden rund 200.000 Nachfolgegesuche eingehen. Alleine in Berlin betrifft es circa 8.500 Betriebe. Wie schwer ist es denn tatsächlich für Unternehmerinnen und Unternehmer, einen geeigneten Nachfolger zu finden?
Ferdinand Kögler: Ja, das ist in der Tat gar nicht so einfach. Und wir haben momentan die Situation, dass wir die geburtenstarken Jahrgänge haben, die Babyboomer, die sozusagen abgeben. Das heißt, wir haben eine relativ große Anzahl von Übergebenden, die ihren Betrieb übergeben wollen. Und auf der anderen Seite haben wir natürlich die die Nachfolgerinnen, die so ein bis bis Generationen jünger sind, wo es knapper wird. Es gibt also nicht mehr so viele Nachfolger. Wir haben dazu auch noch das Thema, dass die Gründungsrate insgesamt runtergeht. Wir haben jetzt noch ein ganz gutes Zeitfenster, weil in fünf bis zehn Jahren die letzten Generation Z drankommt. Und dann ist es so, dass dort ganz andere Dinge im Vordergrund stehen. Dann wird es an Führungskräften fehlen und auch an Unternehmerinnen und auch an Nachfolgerinnen. Insofern ist jetzt eine gute Zeit, aber es ist komplex.
Und was würden Sie sagen? Was ist die größte Herausforderung für Unternehmen, um einen geeigneten Nachfolger oder eine geeignete Nachfolgerin zu finden?
Ferdinand Kögler: Ja, erst mal schon überhaupt die Verfügung stehenden Kandidaten. Aber es sind eigentlich zwei Themenbereiche, die wichtig sind. Das eine: Es ist ein hoch komplexer Prozess, weil sie es hier mit rechtlichen, juristischen, steuerlichen, betriebswirtschaftlichen zu tun haben. Und vor allen Dingen das das Wichtigste: Die emotionalen Faktoren treten in den Vordergrund. Das Lebenswerk loslassen ist nicht so einfach. Und ein Unternehmer, eine Unternehmerin macht das normalerweise nur einmal im Leben. All das zusammen ist die erste Schwierigkeit.
Der zweite Bereich dreht sich um drei Herausforderungen für Nachfolgerinnen und für Übergebende. Das ist zum einen das Thema Nachfolgeplanung. Hier ist oftmals keine Zeit da. Es ist ein strategisches Thema, was langfristig geplant werden muss. Und oftmals gibt es im normalen Alltag dafür keine Zeit. Der zweite Punkt ist, dass die Unternehmer, die 30, 40 Jahre lang ihr Baby aufgezogen haben, also ein Lebenswerk geschaffen haben. Sich davon zu trennen und loszulassen, selbst wenn der Nachfolger da ist, ist eine Herausforderung.
Der dritte Bereich ist, dass der passenden Nachfolge auch gefunden werden muss. Und da haben wir Unternehmen, wo teilweise Dutzende von Nachfolgerinnen sich vorstellen. Aber es ist nicht der Richtige dabei.
Sie hatten ja im Vorgespräch erzählt, dass es manchmal sogar einen geeigneten Nachfolger gibt und trotzdem scheitert die Betriebsübergabe. Woran liegt das dann?
Ferdinand Kögler: Das liegt zum einen daran, dass es sehr emotionale Themen sind. Also psychosoziale Faktoren spielen eine Rolle. Es gibt natürlich auch auf der Nachfolgerinnen-Seite die Frage: Was bringe ich mit? Kann ich die Branche, bin ich führungsstark und kann ich Mitarbeitern auch halten? Bin ich die richtige Persönlichkeit? Es gibt auch eine Bindung zwischen Übergebenen und Übernehmenden und natürlich den Mitarbeitern. Das sind alles Themen, die zu berücksichtigen sind und die es manchmal auch schwer machen.
Wenn jetzt aber viele Unternehmer einen Nachfolger suchen, dann bieten sich natürlich auch viele Chancen. Ist es insgesamt gesehen ein attraktives Umfeld für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die damit liebäugeln, sich selbstständig zu machen?
Ferdinand Kögler: In der Tat. Es ist momentan ein guter Zeitpunkt, um Unternehmen zu übernehmen. Wir haben Bedingungen, die das erleichtern oder begünstigen. Da ist die Krise, die Pandemie – das sind wirtschaftliche Faktoren. Was die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Sie ansprechen angeht: Das Thema Nachfolge ist durchaus vergleichbar mit einem Start in die Selbstständigkeit. Für viele hängt es davon ab, ob die Nachfolgerin Branchenerfahrung hat. Wenn es ein Team gibt, ist auch Führungserfahrung wichtig. Also, dass sich der Nachfolger auskennt und einen Branchenbezug hat, das ist schon wichtig.
Was man aber auch beobachten kann, ist, dass Jungunternehmer innen und Jungunternehmer gerne Neugründungen fokussieren. Vielleicht auch aus dem Grund, dass sie dieses Start-Up-Gefühl miterleben wollen. Würden Sie aber aus Ihrer Erfahrung und Ihrer Expertise sagen, dass bei Gründern die Unternehmensnachfolge teilweise optimaler wäre?
Ferdinand Kögler: Ja, weil aus den genannten Bedingungen, die momentan vorherrschen, ist Nachfolge das neue Start-Up. Viele traditionelle Unternehmen Betriebe müssen modernisiert werden. Die haben ein Geschäftsmodell, das funktioniert. Wir sind heute in einer digitalen Zeit. Transformation, Digitalisierung, Social Media, neue Führung, neue Organisationsstile sind wichtige Themen. Das sind Dinge, die die junge Generation mitbringen kann. Und das ist durchaus spannend. Zumal es ist auch oftmals so, dass diese Unternehmen gut durch die Krise gekommen sind, einige Unternehmen vielleicht auch nicht ganz so gut. Das heißt, wir sprechen hier am Ende letztendlich auch über niedrige Bewertungen, so dass für viele Gründer, die ein Start-Up gründen wollen, eine Nachfolge interessanter ist. Zumal ein wichtiger Punkt auch noch die Finanzierung ist, weil die Finanzierungsmöglichkeiten von Start-Ups in dieser schwierigen Zeit auch eingeschränkt sind. Und da bieten traditionelle Geschäftsmodelle, wo vor allen Dingen auch Mitarbeiter schon da sind, klare Vorteile. Um das Thema Fachkräftemangel noch mal ins Spiel zu bringen.
Und es existiert ja im besten Fall auch schon einen Kundenstamm, den man sich sonst auch erst mal neu generieren muss. Jetzt ist aber eine Nachfolge doch ein ganz hochsensibles und auch existenzielles Thema, bei dem nichts schief gehen sollte. Wie viel Zeit sollte man dafür denn einplanen und wen sollte man unbedingt mit einbeziehen?
Ferdinand Kögler: Meine Faustformel ist 5 bis 10 Jahre. Wobei es für zehn Jahre auch noch andere Gründe gibt, wie zum Beispiel steuerliche Gründe, dass ich sozusagen in der Familie das Unternehmen auch verschenken kann mit Steuerfreibeträgen. Es gibt auch noch Möglichkeiten über bestimmte Unternehmenskonstruktionen auch noch Begünstigung zu erfahren. Das sind die Gründe, warum es zehn Jahre dauert. Ich habe schon Unternehmen begleitet, wo wir das Spiel drei Mal gemacht haben. Das erste war der Jungmeister, der gesetzt war, der aber dann aufgrund von Burnout, Familie usw. ausgeschieden ist. Zwei Jahre später haben wir Mitarbeitende gefunden, die das machen wollten und die, nachdem wir sie schon in die Weiterbildung geschickt haben, abgesprungen sind, weil die Unternehmensbewertung aufgrund einer Immobilie sehr hoch war. Um diese Zeitspanne aufzufangen, empfiehlt sich ein größerer Zeitraum, damit man genug Zeit hat und den Prozess gut vorbereiten kann -und vor allem auch nachbereiten kann.
Es heißt ja immer: Augen auf bei der Beraterwahl. Was sollte ein Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt Unternehmensnachfolge mitbringen, damit er dann auch wirklich die Kunden erfolgreich begleiten kann?
Ferdinand Kögler: Zum einen eigene berufliche Erfahrung, betriebswirtschaftliche Erfahrung in einem Betrieb gesammelt und diesen auch geführt zu haben. Zum anderen ist es Menschenkenntnis. Dahinter versteckt sich eigentlich das Thema Psychologie. Also man sollte gut psychologisch geschult sein, weil dieses emotionale Thema eine große Rolle spiel, dass man die Menschen auch richtig abholen können muss und zwar auf beiden Seiten des Tisches. Dann ist es wichtig, über genügend Transaktionserfahrung zu verfügen. Das heißt diese Unternehmen vom ersten Schritt der Sensibilisierung bis zum Notartermin auch erfolgreich begleiten zu können. Und was uns beim BIFUN – Berliner Institut für Unternehmensnachfolge auszeichnet, ist, dass wir viele Fälle über das Jahr betreuen und schon sehr viele erfolgreiche Übergebende dabei begleitet haben, einen guten, passenden Nachfolgerin zu finden. Und wir können auf ein großes Netzwerk zurückgreifen. Ein sehr großes Netzwerk auch an dienstleistenden Kollegen: Steuerberater, Rechtsanwälte, Notare, aber auch Berater. Und wir haben ein sehr großes Branchenetzwerk, wo wir gezielt Unternehmerinnen ansprechen können, Wenn es niemanden aus der Familie oder unter den Mitarbeitenden gibt, dann überlegt man vielleicht, dass man das Unternehmen lieber verkauft. Und dann sind solche Branchenkontakte zu Unternehmerinnen in diesen Branchen sehr, sehr wichtig.
Herr Kögler, vielen Dank für das Gespräch.