Es gibt eine zunehmende Zahl von Instituten und freien Trainern, die das Internet mit Angeboten im Managementtrainings-Sektor überschwemmen. Was macht einen erfolgreichen Manager eigentlich aus, und benötigt der überhaupt ein Führungskräfte-Seminar?
Hans-Harry Bittner: Wenn wir den Prozess des Lernens durch Schmerzen, Win or Learn Ansätze und den unersetzlichen Wert der Selbsterfahrung als Maxime sehen, dann brauchte es kein Training – weder für Mitarbeiter noch für Manager. Dann brauchte es aber auch keine aktualisierte Version der schulischen und universitären Ausbildung.
Da unsere Zeiten allerdings geprägt sind von radikalen Entwicklungen auf der digitalen Ebene, einer rasanten Zunahme von Wissen und globalen Marktveränderungen, halte ich die Investition in ein Training und den Austausch mit Menschen aus anderer Umgebung für essenziell, um mit den Entwicklungen Schritt zu halten und die eigene Zukunftsfähigkeit sowie die des Unternehmens und der Teams verantwortlich zu sichern.
Wenn ja, warum sind zunehmend weitere Kompetenzen heutzutage für Manager gefragt?
Hans-Harry Bittner: Bei einer zunehmenden Arbeitsverdichtung wird der verantwortungsvolle Umgang mit den eigenen Ressourcen und denen der Teams immer wichtiger. Die latente Bedrohung durch psychische Belastungen bis zum Burnout, dem Generations- und Wertewandel, der Automatisierung von Prozessen und dem Einsatz von KI fordert ein Schritthalten in hohem Tempo von allen Beteiligten.
Sind quantitative Ziele wie Wachstum, Rendite und Umsatz immer noch der Hauptfokus einer Managementspitze?
Hans-Harry Bittner: Wir lernten früher den immer noch aktuellen Leitsatz „Ohne Umsatz ist alle Aktivität ohne Wert.“ Im Finanzanlagebereich, bei Aktiengeschäften und in jedem Wirtschaftsunternehmen ebenso wie bei Einzelunternehmen ist es wichtig, am Ende genügend Rendite erwirtschaftet zu haben, um Investitionen zu sichern, zukunftsfähig und unabhängig von Geldinstituten zu bleiben. Die Phase, in der eine Controllingabteilung allein und täglich auf Rendite und den Aktienkurs schaut, scheint durch Negativzinsen, unendliche Geldmengen aus den Zentralbanken erst einmal aufgehoben. Doch erinnere ich gerne daran, dass es besser ist, den Überblick und Durchblick in finanzielle Zusammenhänge zu behalten und alternative Steuerungsmöglichkeiten zu kennen. Und es geht in vielen Branchen um Liquidität, Investitionen in Forschung und Entwicklung, Entwicklung von Menschen und Kultur, was alles finanziert werden muss. Deshalb sollte die Spitze zumindest diese Zahlen steuern können. Zusätzlich rückt das Wellbeing der Mannschaften mehr in den Blick, die Kulturentwicklung wird weiterhin wesentlich bleiben und der Effekt eines motivierten Teams wird sich immer wirtschaftlich positiv auswirken, was transparent, nachvollziehbar und öffentlich dokumentiert werden darf.
Können Sie kurz erklären, was ein Managementtraining umfasst und welche gängigen Lernziele verfolgt werden?
Hans-Harry Bittner: Ansätze des Blended Learning zur Erfassung von Startvoraussetzungen, Sammlung von herausfordernden Alltagsituationen, Erwartungsabgleich und ein Onlineinterview gehören zur zielgerechten Gestaltung eines teilnehmerorientierten Trainings. Das Zusammenwirken der Teilnehmer in einem Team wird durch Interaktionsübungen gefördert. Gemeinsame Herausforderungen werden im Team gelöst, thematische Input von modernen Managementansätzen werden in den Alltag implementiert und auf die Unternehmenssituation hin angepasst, wo es Sinn macht und positive Effekte verspricht.
In der Regel erfolgt Hilfe zur Selbsthilfe, um gesamtheitlich den Menschen in seiner Managementrolle und -funktion zu stärken und zu einem lustvollen Zusammenarbeiten zu entwickeln.
Ist ein Managementtraining sinnvoll und kann das Führungsverhalten dadurch wirklich nachhaltig verbessert werden?
Hans-Harry Bittner: Die eigenen Muster zu erkennen und die ungenutzten Potentiale freizulegen, ohne dem extremen Stress der dauerhaften Selbstoptimierung ausgesetzt zu sein, ist eine wesentliche Triebfeder für die Menschen in unseren Kursen. Wir messen zu Beginn Persönlichkeitsdimensionen, legen gemeinsam Entwicklungsziele fest, vereinbaren Handlungsfelder und definieren Aktivitäten. Mit unserem Coachingangebot begleiten wir die Entwicklung der Manager im Arbeitsalltag. Die Resonanz der Gruppen ist extrem positiv: es werden Beziehungen geknüpft, die weit über das Training hinaus weiterwirken und als Erfahrungsaustauschgruppe im Netzwerk gut funktionieren.
Was halten Sie vom Training für Führungskräfte und worauf sollte bei der Wahl der Trainings-Seminare und des Coaches geachtet werden?
Hans-Harry Bittner: Ein wichtiges Kriterium sind interaktive Elemente und eine multikulturelle Persönlichkeitskompetenz der handelnden Personen. Wenn es nur um Vermittlung von fachlichen Inhalten, modernen Techniken oder speziellen Tricks geht, kann durchaus ein Input zum Start Online angeboten werden. Das Schulbankdrücken bringt in der Regel nur geringe Effekte, wie wir oft aus der eigenen Praxis leidvoll erfahren durften.
Eine Coaching- oder Trainerausbildung allein kann oft nicht ausreichen, wenn keine qualifizierten Praxiserfahrungen oder Branchenkenntnisse vorhanden sind. Ebenso ist die Haltung des Trainingspersonals extrem wichtig: der Blick auf das eigene Bankkonto sollte dem hohen Nutzen für die Stärkung der Managerkompetenz Platz machen.
Die Lust und Freude an der Entwicklung der Trainingsteilnehmer sollte sichtbar und erlebbar sein, damit freudiges, nachhaltiges und in den Zellen durch Embodiment verankertes Lernen stattfinden kann. Wenn Referenzen durch persönliche Gespräche und ein qualifiziertes Briefing überprüft werden können, kann es durchaus eine Reihe von Trainings entstehen, die zur Firmenkultur passen. Ein „One Night Wonder“ findet eher selten statt, wenn es um Entwicklungs- und Veränderungsprozess geht. Das braucht die notwendige Zeit, um die Veränderungen im Alltag zu verankern und erlebbar zu machen.