Employer Branding – Die Marke muss auch gelebt werden!

Interview mit Marie Kornhoff
Heutzutage spielt das Gehalt bei vielen nicht mehr eine primäre Rolle. Sicherlich versucht man als Arbeitnehmer, für seine Arbeit bestmöglich entlohnt zu werden. Doch in Zeiten wie diesen haben andere Werte wie Work-Life-Balance, Nachhaltigkeit usw. immer mehr an Bedeutung gewonnen. Doch wie soll man wissen, wie nachhaltig oder mitarbeiterfreundlich ein Unternehmen ist, wenn man es nicht kennt? Um sich auf bestmögliche Art und Weise den Bewerbern und potenziellen Mitarbeitenden zu präsentieren, kommt es auf die richtige Außendarstellung eines Unternehmens an – das Employer Branding. Wie genau das funktioniert, was es hierbei als Arbeitgeber zu beachten gilt und vieles mehr zu diesem Thema erklärt uns heute die erfolgreiche Einzelunternehmerin Marie Kornhoff aus Köln. Als „DIE MAtCHERIN“ hilft sie unter anderem Unternehmen, die passenden potenziellen Mitarbeiter und umgekehrt Bewerbern, die für sie perfekten Arbeitgeber zu finden. Daher ist sie zu diesem Thema genau die richtige Ansprechpartnerin. 

Welche Bedeutung hat Employer Branding für Unternehmen und wie kann eine starke Arbeitgebermarke aufgebaut werden?

Employer Branding ist aus meiner Sicht enorm wichtig. Insbesondere jüngere Bewerber*innen setzen auf Werte wie Nachhaltigkeit, Diversität, Fairness, Transparenz, Work-Life-Balance, flexibles Arbeiten und ein Arbeiten-auf-Augenhöhe. In Zeiten eines Bewerbermarktes können sich Jobsuchende den künftigen Arbeitgeber nahezu aussuchen. Und das tun sie auch: sie recherchieren, sie bewerten den Bewerbungsprozess ganz anders, sie achten auf Details – ob beim Recherchieren im Netz oder beim Kontakt mit dem Unternehmen während des Bewerbungsprozesses. Gerade eben hat mir eine Bewerberin, die ich bei einem Kunden vorstellen wollte, abgesagt, da der öffentliche Auftritt der Firma rund um den Umgang mit Nachhaltigkeit nicht ihren Werten entspräche. Eigentlich sollten Unternehmen ohnehin die oben genannten Werte vertreten und entsprechend handeln und sein. Wenn dem nicht so ist, ist es gut, dass sich die Zeiten geändert haben und uns nachfolgende Bewerber*innen-Generationen oder auch einfach der veränderte Bewerbermarkt dazu zwingt, solche Fragen zu stellen und an den Werten des Unternehmens zu arbeiten. Eine starke Arbeitgebermarke baut man also meines Erachtens im Grunde nicht auf, sondern lebt sie. Und dann spricht man darüber, damit potenzielle Mitarbeiter*innen davon erfahren.

Welche Strategien und Maßnahmen können Unternehmen einsetzen, um ihr Employer Branding gezielt zu stärken und attraktiv für potenzielle Mitarbeiter zu sein?

Zunächst geht es darum, herauszufinden, was Mitarbeitende wollen. Was wünscht sich die interne Crew? Wo hakt es im Unternehmen aus Mitarbeiter*innen-Sicht? Oft wird nicht genug gefragt. Oft werden entsprechende Wünsche nicht ernst genug genommen und hintenangestellt. Manchmal werden sogar alle erdenklichen Wünsche mit über die Maßen guten Gehältern zugedeckt – die Fluktuation ist dann zwar gering, da man nirgendwo sonst so gut verdienen kann. Und dann hat man im Betrieb Menschen sitzen, die oftmals nicht intrinsisch motiviert sind, sondern bleiben, obwohl sie innerlich gekündigt haben. Ganz schlecht. 

Solche Fragen sollten möglichst anonym gestellt werden, damit man ehrliche Antworten bekommt. Mit den Ergebnissen der Umfrage und den Maßnahmen, die Arbeitgeber ergreifen, sollte man möglichst transparent umgehen. „Das werden wir aus den und den Gründen bis dann und dann umsetzen und das und das nicht, weil…“. Zusätzlich zur internen Umfrage macht eine allgemeine Marktrecherche Sinn. Es gibt viele Studien dazu, was sich Bewerber*innen / Mitarbeiter*innen heute wünschen. Man kann also auch schon mit Vorschlägen in eine interne Umfrage gehen. 

Des Weiteren ist aus meiner Sicht enorm wichtig, bei der Auswahl der Führungskräfte gut aufzupassen. Hire slow & fire fast ist hier die Devise. Sich Zeit nehmen, die richtige Person für den Job zu finden und zügig handeln (= kündigen oder auch versetzen), wenn sich zeigt, dass es doch kein perfect match war. Führungskräfte können so viel kaputt machen oder aber so sehr Mitarbeiter*innen an ein Unternehmen binden. Auf keinen Fall sollten Narzisst*innen in Führungspositionen sitzen. Und hier ist der Begriff wirklich im krankhaften Sinn gemeint. Eine Führungskraft, die kein Empathievermögen besitzt, die sich mit fremden Federn schmückt, die es nötig hat, andere zu erniedrigen, die Schuld umkehrt und die Wahrnehmung anderer nicht gelten lässt, ist reines Gift für eine starke Arbeitgebermarke. Und man sollte sich nicht vertun: Narzisst*innen finden sich leider häufig in gehobeneren Positionen, da sie über Fähigkeiten verfügen, die man auch braucht, wenn man auf der Karriereleiter nach oben klettert. Recruiter*innen sollten entsprechend geschult sein, um bei der Personalauswahl waschechte Narzisst*innen aussortieren zu können. 

Die Diversität ist meiner Meinung nach ein sehr wichtiger Wert. Hier möchte ich im Speziellen auf die Durchmischung der Teams, was das Alter angeht, eingehen. Allgemein muss meines Erachtens auf dem Arbeitsmarkt einiges geschehen, um ältere Arbeitnehmer*innen besser zu integrieren. Die beste Möglichkeit dafür besteht sicher darin, Teams perse altersmäßig zu durchmischen. Eine 50-jährige zu lauter 20jährigen zu setzen, ist unglücklich. Man braucht möglichst Teammitglieder aus jeder Altersklasse. Und nur dann können Arbeitgeber die Arbeitsleistungen älterer Arbeitnehmer*innen ü55 nutzen. Lassen sich Ältere kaum noch in die Teams integrieren, fallen sie komplett für den Arbeitsmarkt weg. Und das ist in Zeiten des Fachkräftemangels fatal. Stark ist ein Unternehmen obendrein dann, wenn nicht nur auf jung-dynamisch-modern gesetzt wird, sondern wenn ebenso Erfahrungswissen und viel Lebenserfahrung vorhanden ist.

Wie kann man die Unternehmenskultur und die Werte der Organisation in die Employer Branding-Strategie integrieren?

Nun, hier greift vor allem ein Satz: „Tu Gutes und sprich darüber“! Will heißen, dass die Mitarbeitenden intern über die Angebote, Maßnahmen und Vorteile regelmäßig informiert werden müssen. Andererseits ist es wichtig, die Werte und vor allem auch die Angebote, die der Mitarbeiter*innen-Zufriedenheit dienen, öffentlich zu zeigen. Diese Angaben gehören in erster Linie in Stellenanzeigen. Ansonsten dürfen bzw. müssen sie auf der Homepage stehen, bei Social Media regelmäßig dargelegt werden wie Xing, LinkedIn, Facebook und Instagram. Kununu und Glassdoor sind ebenfalls wichtige Plattformen, die gut gepflegt sein wollen.

Welche Rolle spielt die Nutzung digitaler Medien und sozialer Netzwerke bei der Verbreitung der Employer Brand und der Ansprache potenzieller Bewerber?

Soziale Medien spielen eine sehr große Rolle. Meiner Erfahrung nach ist es immer am erfolgreichsten, wenn viel Fleiß in die Themen gesteckt wird. Das heißt, dass nicht nur eine Maßnahme das Allheilmittel ist, sondern dass jede Chance, Themen zu verbreiten, genutzt werden kann und sollte. Überall sollte sich ein Arbeitgeber präsentieren: die Homepage, die Firmenseiten in den sozialen Netzen, die Jobsite der Webpage usw. So entsteht ja letztlich auch ein stimmiger Gesamtauftritt. 

Gerade junge Leute nutzen Social Media selbstverständlich und häufig. Daher ist ein stimmiger, guter und auch zielgruppengerechter Social Media-Auftritt sehr hilfreich, um die Arbeitgebermarke bekannt zu machen. Auch das Active Sourcing bei der Rekrutierung bringt Erfolge. Erfahrungsgemäß kommt man mit einer Bewerbung, die auf eine ausgeschriebene Stelle eingeht, schneller ans Ziel, als wenn ich ungefragt Bewerber*innen in Netzwerken anspreche. Aber vor allem bei bestimmten Positionen (z.B. Sales / Außendienst) wollen viele Bewerber*innen gefunden werden. Active Sourcing ganz zu unterlassen, verschenkt enormes Potenzial.

Wie kann das Mitarbeiterengagement und die Mitarbeiterbindung durch eine effektive Employer Branding-Strategie gesteigert werden?

Wenn ich in einem Unternehmen arbeite, das meine Werte widerspiegelt, wenn ich Vorgesetzte habe, die mich wertschätzen und mich unterstützen, wenn meine Bedürfnisse in Sachen Work-Life-Balance befriedigt sind, wenn ich entsprechend von Menschen umgeben bin, die diese ganzen Vorteile ebenso nutzen können, entsteht eine Arbeitsumgebung, in der ich mich viel eher wohlfühlen kann, als wenn all das nicht gegeben ist. Und wenn ich mich wohl fühle, obendrein einen Sinn sehe in meinem Tun und alle an einem Strang ziehen, wird das Engagement jedes einzelnen automatisch gesteigert. Und wenn all das gegeben ist, fühle ich mich an ein Unternehmen viel eher gebunden. Mein ehemaliger Arbeitgeber hat so Vieles so richtig gemacht und erlaubte mir obendrein, meine Werte aktiv im Unternehmen zu verbreiten / zu leben (in der Zeitarbeit wirklich keine Selbstverständlichkeit), dass ich 16,5 Jahre blieb. Und ich bin bestimmt nicht wegen des hohen Gehalts geblieben. Ich bin wegen all dem geblieben, was mein Arbeitgeber, mein Chef und meine Kolleg*innen dargestellt und vertreten haben.

Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass das Thema Employer Branding dann gut funktionieren wird, wenn im Unternehmen im Allgemeinen ein guter, menschenfreundlicher Geist herrscht. Wenn man das, was man nach außen hin darstellt, innen auch lebt, wird sich die Arbeitgebermarke durchsetzen. Wenn die Marke nur Fassade ist, wird es keinen langfristigen Bestand haben. Bei dem Satz „Tu Gutes und sprich darüber“ ist in Sachen Employer Branding das „Tu Gutes“ der unbedingt nötige erste Schritt.

Frau Kornhoff, vielen herzlichen Dank für das Interview.

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