Wir sprechen mit dem Wissenschaftler Dr. rer. nat. Albert Paparo, der als Laborleiter seit Februar dieses Jahres die Green-Tech-Visionäre aus der Schweiz unterstützt.
Herr Dr. Paparo, Sie sind seit Februar Laborleiter bei der Schweizer enespa ag. Was sind Ihre konkreten Aufgaben?
Bei der enespa bin ich für den Aufbau der Forschungs- und Entwicklungsabteilung zuständig. Im Forschungslabor prüfe ich die Qualität unseres Produktöls. Dazu analysiere ich das Material das für die Thermolyse verwendet wird und das daraus erzeugte Produktöl. Mit den ermittelten Daten erstellen wir eine Systematik der zu erwartenden Mischung und Zusammensetzung. Anhand der physikalisch-chemischen Kennwerte können wir die Qualität unserer Thermolyse und letztendlich die Qualität der Mischung bestimmen. Ziel ist es, unseren Kunden ein attraktives Angebot an analytischen Leistungen anzubieten, die höchsten Standards genügen. Wir möchten, dass das Labor international anerkannt wird. Dafür müssen wir auf höchstem Niveau arbeiten und benötigen eine Zertifizierung und Akkreditierung durch die DAkkS, die Deutsche Akkreditierungsstelle. Der gesetzliche Auftrag der DAkkS ist es, mit einer Akkreditierung zu bestätigen, dass das Labor seine Arbeit nach den Anforderungen international gültiger Normen, gesetzlicher Grundlagen und relevanter Regeln kompetent erbringt. Produkte, Verfahren und Dienstleistungen werden dadurch sicherer und vereinfachen den weltweiten Handel. Zu meinen Aufgaben gehört es außerdem, ein schlagkräftiges Team zusammenzustellen und die Ingenieure bei naturwissenschaftlichen Fragestellungen zu beraten und eine systematische Erarbeitung der Fahrweisen der Thermolyseanlagen zu erarbeiten. Aktueller Arbeitsschwerpunkt ist die Durchführung der genannten Analysen sowie der dazu notwendigen wissenschaftlichen Experimente im Labor.
Das klingt interessant. Können Sie uns etwas über Ihren wissenschaftlichen Werdegang erzählen?
Ich habe in meiner Heimatstadt Aachen Chemie studiert. Meine Masterarbeit zur Aktivierung von Kohlenstoffdioxid habe ich am MIT [Massachusetts Institute of Technology] unter der Leitung von Professor Kit Cummins geschrieben. Dort habe ich mich als metallorganischer Chemiker spezialisiert. Für meine Doktorarbeit an der RWTH Aachen University unter Professor Jun Okuda habe ich mein eigenes Projekt entworfen. Dabei ging es um die Isolierung des Dioxycarbens, einer bis dahin unbekannten aber vermuteten Zwischenstufe bei der Aktivierung von Kohlenstoffdioxid an Metallen. Danach habe ich meinen Postdoc als Humboldt-Stipendiat an der Monash University in Melbourne, Australien, unter Professor Cameron Jones aufgenommen und im Bereich Berylliumchemie gearbeitet. Nach drei Jahren gelang es mir dort, die erste bekannte Aluminium-Beryllium-Verbindung herzustellen, ein Meilenstein in der Berylliumchemie.
Wie kam es zu Ihrer Zusammenarbeit mit der enespa?
Ich betreute das Kunststoffpyrolyseprojekt an der Ressortforschungseinrichtung WIWeB der Bundeswehr in Erding. So wurde der Kontakt aufgebaut. Wegen meiner Expertise in der Kraftstoffanalytik und Analytik der Pyrolyseprodukte habe ich natürlich ideale Voraussetzungen, um für die enespa eine erstklassige Kraftstoff-, Öl- und Kohlenwasserstoffanalytik aufzubauen.
Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit bei der enespa zu der bei der Bundeswehr?
Es ist tatsächlich so, dass im Privatsektor ein sehr viel höheres Tempo herrscht, als im öffentlichen Dienst. Die Entscheidungswege sind wesentlich kürzer und ich habe eine viel größere Entscheidungsfreiheit. Zudem kann ich mir die Arbeit frei einteilen. Im Vergleich zu einem Dezernenten bei der Bundeswehr trage ich als Laborleiter bei der enespa eine sehr viel größere Verantwortung.
Was sind Ihre nächsten Ziele und Forschungsvorhaben?
Wir möchten eine breite Palette an Analytikleistungen anbieten, die zur Bewertung der Startmaterialien und Produkte bei der Kunststoffthermolyse und bei anderem Recycling nötig ist. Es soll ein robuster Thermolyseprozess aufgebaut werden, sodass jeder Kunststoff mit dem Verfahren verwertet werden kann.
Die jeweiligen Produkte und Produktmischungen bei der Thermolyse von allen denkbaren Kunststoffen und ihren Mischungen, sollen systematisch erforscht werden. Dafür werden die anfallenden Produkte analysiert und in einer kommerziell nutzbaren Form isoliert, z.B. Chlorwasserstoff aus der Vorbehandlung von PVC.
In der ersten Phase werden Laboranten eingestellt, um einen hohen Durchsatz an Proben zu ermöglichen. Nach der erfolgten Zertifizierung beabsichtigen wir unser Team durch weitere Wissenschaftler zu verstärken.