Ehevertrag und Scheidungsfolgevereinbarung – Tanja Bedruna (Fillbrandt & Bedruna)

Interview mit Tanja Bedruna
Rechtsanwältin Tanja Bedruna ist Fachanwältin für Familienrecht bei Fillbrandt & Bedruna. Im Interview spricht sie über die Ehescheidung und rät jungen Paaren Scheidungsfolgen zu regeln.

Das Ende einer Ehe ist oft der Anfang heftiger juristischer Auseinandersetzungen. Welche sind die wichtigsten Regelungen im Scheidungsfall?

Tanja Bedruna: Vorbereitend für eine Ehescheidung sind zunächst einmal die unmittelbaren Trennungsfolgen im Blick zu behalten. Denn sobald die Beteiligten „getrennt von Tisch und Bett“ leben, werden Rechtsfolgen ausgelöst. Unterhaltsansprüche zwischen den Beteiligten untereinander kommen ggf. in Betracht. Eine gemeinsame steuerliche Veranlagung ist nur noch bis zum Abschluss des Jahres möglich, in welchem die Trennung erfolgt ist. Die Trennung bestimmt den Beginn des weitläufig bekannten Trennungsjahres, welches wiederum gesetzliche Voraussetzung für die Durchführung des Ehescheidungsverfahrens ist. Welchen Regelungen nun besondere Priorität zukommen sollte, variiert von Fall zu Fall und hängt sowohl von der familiären Situation als auch der beruflichen Situation der Beteiligten ab. Ist eine gemeinsame Immobilie vorhanden oder eine Mietwohnung? Im Falle von Miteigentum an einer Immobilie ist zu beachten, ob die Immobilie noch finanziert ist. Wer trägt die monatlichen Raten weiter? Inwieweit findet dies im Rahmen der Berechnung von Unterhaltsansprüchen Berücksichtigung? Im Falle von Miteigentum sind Regelungen zur künftigen Nutzung und Auseinandersetzung zu treffen. Hier verbirgt sich oft hohes Streitpotential.

Während der beruflich erfolgreiche Ehegatte vielleicht darauf bedacht ist, unterhaltsrechtliche Regelungen für ihn so vorteilhaft wie möglich zu treffen, möchte der Ehegatte, welcher sein berufliches Fortkommen für Ehe und Familie hinten an gestellt hat, gesichert wissen, dass nun auch er seine berufliche Weiterbildung vorantreiben kann und möchte Ausbildungsunterhalt gesichert wissen.

Bei vermögenden Ehepaaren spielt Zugewinnausgleich sicher eine andere Rolle als bei Paaren, welche kein bedeutsames Vermögen während der Ehezeit angehäuft haben.

Anderen Ehepaaren, die sich trennen, kommt es in erster Linie auf eine gemeinsame Weiterbetreuung der Kinder an.

Zu berücksichtigen ist auch, ob gemeinsame Bankkonten vorhanden sind. Dann sind ggf. Vollmachten zu widerrufen. Gleiches gilt für eine mögliche Bezugsberechtigung aus einer Lebensversicherung.

Wie Sie merken, ist eine pauschale Antwort nicht möglich. Grundsätzlich kann man jedoch immer empfehlen, sich bereits unmittelbar vor einer Trennung und beabsichtigten Ehescheidung anwaltlich beraten zu lassen. Denn nicht alle Antworten lassen sich einfach „googeln“. In einem anwaltlichen Beratungsgespräch bei einem Fachanwalt für Familienrecht lässt sich schnell ermitteln, in welchen Bereichen unmittelbarer Regelungsbedarf besteht.

Grundsätzlich ist an Regelungen in den Bereichen Unterhalt, Vermögensauseinandersetzung, Regelungen rund um die Ehewohnung und Hausrat, Sorgerecht und Umgangsrecht zu denken, wobei es sich hier nur um eine sehr grobe Einteilung handelt.

Unternehmen stellen häufig ein großes, aber illiquides Vermögen dar. Was passiert mit Unternehmensanteilen im Scheidungsfall?

Tanja Bedruna: Einen Anspruch des einen Ehegatten unmittelbar auf beispielsweise die Übertragung von Unternehmensanteilen des anderen Ehegatten gibt es nicht. In der Regel verhält es sich auch so, dass Gesellschafter eines Unternehmens – je nach Rechtsform – in ihren jeweiligen Gesellschaftsverträgen die Verpflichtung der Gesellschafter im Heiratsfall geregelt haben, einen Ehevertrag zu schließen. In diesem werden dann Regelungen getroffen, die den Güterstand des Ehepaares betreffen.

Der gesetzliche Regelfall ist der Güterstand der s.g. Zugewinngemeinschaft. Die Ehegatten bleiben wirtschaftlich getrennt. Berücksichtigung im Rahmen eines s.g. Zugewinnausgleichs findet jedoch das Vermögen, welches innerhalb der Ehezeit erworben wurde. Vereinfacht gesprochen muss ein Ehegatte die Hälfte des während der Ehezeit erwirtschafteten Vermögens an den anderen Ehegatten abgeben, sofern dieser seinerseits kein Vermögen erwirtschaftet hat.

In einer Unternehmerkonstellation wird häufig Gütertrennung oder die s.g. modifizierte Zugewinngemeinschaft vereinbart. Dann findet kein Zugewinnausgleich statt oder er betrifft nur konkret vereinbarte Bereiche, beispielsweise die Anhäufung privaten, nicht jedoch unternehmerischen Vermögens.

Sollten nun in der Tat keine Regelungen im Falle einer Unternehmensbeteiligung eines Ehegatten getroffen worden sein, so stellen Unternehmensanteile im Rahmen einer Zugewinnausgleichsbilanz einen Rechnungsposten dar. Die Unternehmensanteile sind zu bewerten und es ist zu prüfen, ob Unternehmensanteile bereits bei Beginn der Ehe vorhanden waren oder später hinzugekommen sind und eine Wertsteigerung erfahren haben.

Im Falle einer Wertsteigerung kann dann jedoch in der Tat eine missliche Situation eintreten. Im Falle eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich aus einem illiquiden Vermögen, kann ein Unternehmer veranlasst sein, seine Anteile zu monetarisieren, soweit der andere Ehegatte auf Auszahlung seines Zugewinnausgleichsanspruches besteht.

Mit einem Ehevertrag lässt sich die Gütertrennung bereits bei Eheschließung vereinbaren. Was gehört unbedingt in einen solchen Vertrag?

Tanja Bedruna: Ein Ehevertrag zur Gütertrennung ist nicht sehr umfangreich. Vereinbart wird der s.g. Wahlgüterstand der Gütertrennung. Zu beachten ist jedoch, dass unbedingt eine Regelung dahingehend enthalten sein muss, dass ein Ausschluss des Zugewinnausgleichs im Falle einer Trennung und Ehescheidung für beide Ehegatten erfolgen muss. Auch ist wichtig zu beachten, dass ein vollständiger Ausschluss erfolgen muss. Denn das Gesetz regelt in § 1371 BGB den Zugewinnausgleich im Todesfalle des Ehepartners. Es ist nicht ausreichend, nur diesen Fall auszuschließen. Andersherum ist es auch nicht ausreichend, nur den Fall des vermögensrechtlichen Zugewinns auszuschließen.

Zu beachten ist also die Vereinbarung eines vollständigen Ausschlusses des Zugewinnausgleichs für beide Ehegatten, um eine absolute Gütertrennung herbeizuführen.

Auf welche Widerstände stoßen Sie im Alltag bei Aufsetzen von Eheverträgen?

Tanja Bedruna: Grundsätzlich verhält es sich so, dass sich diejenigen Paare an mich wenden, die sich bereits hinreichend damit befasst haben, einen Ehevertrag schließen zu wollen. Probleme stellen sich dann eher selten.

Da man jedoch auch noch während eines bereits laufenden Ehescheidungsverfahrens die Möglichkeit hat, Scheidungsfolgen in Form einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu regeln, ist man in so einem Fall mitunter mit mehr Problemstellungen konfrontiert. Denn dann kann man nicht unbedingt von der Mitwirkungsbereitschaft beider Ehegatten ausgehen. Es lohnt sich aber im Sinne beider Beteiligten, auf eine vertragliche Regelung in Form einer Vereinbarung auch im laufenden Ehescheidungsverfahren hinzuwirken. Insbesondere dann, wenn umfangreichere Vermögensverhältnisse zu regeln sind. So werden streitige gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden, die sich nicht selten über einen langen Zeitraum erstrecken können und die Beteiligten viel Nerven und auch Geld kosten.

Zu beachten ist jedoch, dass im Optimalfall beide Ehegatten anwaltlich vertreten sein sollten. Denn den einen Anwalt für beide Ehegatten gibt es entgegen der landläufigen Meinung im Streitfall nicht. Das Mandatsverhältnis kann aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses immer nur zwischen einem Anwalt und dem Mandanten bestehen.

Welche Möglichkeiten gibt es, um auch im Streitfall einen jahrelangen Rechtsstreit nach der Trennung zu vermeiden?

Tanja Bedruna: Wie ausgeführt, stellt eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung ein gutes Mittel dar, um jahrelange streitige Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Beide Beteiligten sollten anwaltlich vertreten sein. So gelingt es häufig, die emotional aufgeladene Situation auf eine sachliche Ebene zu heben. Aus diesem Grunde sollte man sich auch nicht scheuen, anwaltlichen Beistand zu suchen. Auch wenn Anwälten der Ruf vorauseilt, streitige Auseinandersetzungen zu bevorzugen, sind Kollegen, welche sich auf das Familienrecht spezialisiert haben eher dahingehend orientiert deeskalierend zu wirken. Dies hilft den Beteiligten häufig, um die emotional und oftmals auch wirtschaftlich unübersichtliche Situation nach einer Trennung und Scheidung besser bewältigen zu können. So wird auch der Start in einen neuen Lebensabschnitt erleichtert.

Was raten Sie jungen Ehepaaren, um auch nach einer möglichen Trennung nicht voller Hass voneinander zu gehen?

Tanja Bedruna: Wer beschäftigt sich schon gern zu Beginn einer Ehe mit einem möglichen Ende derselben? Hierin genau liegt jedoch der Schlüssel zu einer möglichst friedvollen Auseinandersetzung im Falle einer Scheidung.

Niemand kann mit Sicherheit sagen, dass die gerade geschlossene Ehe tatsächlich ein Leben lang halten wird. Nur mit Blick auf das Jahr 2019 betrug die Scheidungsquote in Deutschland rund 35,79 % (Quelle).

Man sollte sich auch dann, wenn der Himmel noch voller Geigen hängt, darüber im Klaren sein, dass die Scheidung der Ehe im Bereich des Möglichen liegt.

Insofern sind junge Paare gut beraten, wenn sie sich damit auseinandersetzen und versuchen, Scheidungsfolgen dann zu regeln, wenn eine Ehescheidung gar kein Thema ist. Denn dann sind die Beteiligten oftmals viel eher bereit, sich konstruktiv mit möglichen Scheidungsfolgen auseinanderzusetzen als im Falle einer bereits gescheiterten Ehe.

Im Zweifel gilt im Übrigen: lieber etwas zu viel als zu wenig regeln. Mit klaren Regelungen kann man Konflikte vermeiden und die ohnehin schmerzvolle Erfahrung einer gescheiterten Ehe wird nicht noch durch massive streitige Auseinandersetzungen verstärkt.

Zu bedenken ist jedoch eine regelmäßige Überprüfung einer vorsorglich getroffenen Vereinbarung im Laufe der Jahre. Denn möglicherweise sind zu Beginn einer Ehe getroffene Regelungen im Laufe der Entwicklung der persönlichen Verhältnisse während der Ehe nicht mehr angemessen. So kann beispielsweise eine zu Beginn der Ehe getroffene Regelung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs dann nicht mehr angemessen sein, wenn man eine klassische Alleinverdienerehe lebt.

Das Familiengericht prüft im Scheidungsfall die getroffenen Regelungen. Eine Übervorteilung eines Ehegatten kann dann sittenwidrig sein und entsprechende Regelungen können nichtig werden.

Frau Bedruna, vielen Dank für das Gespräch.

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