Bei einem Todesfall kümmern sich Erben oder Verwandte um die Abwicklung von Erbangelegenheiten oder man schaltet einen/eine Nachlassverwalter/in ein. Ein Nachlassverwalter hat die Aufgabe, den Nachlass eines Verstorbenen zu ordnen. Wie unterscheiden sich aber nun Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter?
Birgit Kühne: Ein Nachlassverwalter kann insbesondere bei unübersichtlichen Nachlässen beantragt werden, um das Eigenvermögen des Erben vom Nachlass zu trennen und damit dessen Haftung für Nachlassverbindlichkeiten letztlich auf den Nachlass zu beschränken. Die Nachlassverwaltung hat insofern als einen Teilbereich die Befriedigung der Nachlassgläubiger zum Ziel. Den Antrag auf Einrichtung einer Nachlassverwaltung können die Erben oder auch Gläubiger stellen. Wesentlicher Unterschied zu einer Testamentsvollstreckung ist, dass die Testamentsvollstreckung im Rahmen der letztwilligen Verfügung, zum Beispiel eines Testaments, von dem Erblasser selbst angeordnet werden muss und zur Aufgabe hat, den Willen des Erblassers umzusetzen. Der Testamentsvollstrecker wird insofern auch als „verlängerter Arm des Erblassers“ bezeichnet. In der Regel liegt seine Aufgabe in einer Abwicklungsvollstreckung, wobei der Testamentsvollstrecker an die Vorgaben des Erblassers gebunden ist. Insofern steht der Testamentsvollstrecker auch nicht, wie der Nachlassverwalter, unter der Aufsicht des Nachlassgerichts.
Erweist sich der Nachlass einer verstorbenen Person als zu unübersichtlich, deutet das möglicherweise auf eine Überschuldung hin – da kann ein Nachlassverwalter sinnvoll sein. Wie wird ein Nachlassverwalter bestellt und was müssen Erben oder Nachlassgläubiger vorlegen?
Birgit Kühne: Die Nachlassverwaltung ist beim zuständigen Nachlassgericht, das heißt, bei dem Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, zu beantragen. Der Antrag kann entweder persönlich bei Gericht zu Protokoll erklärt werden oder formlos durch ein unterschriebenes Schreiben. Dabei sollte der Antrag begründet werden. Der Antragsteller muss in diesem Zusammenhang darlegen, dass der Nachlass unübersichtlich und aufgrund dessen die Befriedigung der Nachlassgläubiger gefährdet ist. Insofern sollte über aus dem Nachlass bekannte Aktiva und/oder Passiva ein entsprechendes Nachlassverzeichnis erstellt werden. Sind weder Aktiva noch Passiva bekannt, hindert dies jedoch nicht daran, einen entsprechenden Antrag auf Nachlassverwaltung zu stellen. Die Angaben sind glaubhaft zu machen und insofern Unterlagen einzureichen oder eine eidesstattliche Versicherung hinsichtlich der abgegebenen Erklärungen einzureichen. Die Anordnung der Nachlassverwaltung kann allerdings abgelehnt werden, wenn die Kosten für die Nachlassverwaltung aus dem Nachlass nicht gedeckt werden können. Zudem kann der Antrag nicht mehr gestellt werden, wenn seit der Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind.
Häufig gehört zum Nachlass auch eine Immobilie. Können Sie uns sagen, warum das unter Umständen problematisch sein kann?
Birgit Kühne: Befindet sich im Nachlass eine Immobilie und besteht beispielsweise eine Erbengemeinschaft, so muss die Erbengemeinschaft sich darüber einig werden, wie mit der Immobilie weiter verfahren wird, beispielsweise ob diese von einem Miterben übernommen oder insgesamt verkauft werden soll. Kann diese Einigkeit nicht erzielt werden, wird es zwingend zur Teilungsversteigerung kommen. Aber auch allein bei der Frage der möglichen Übernahme der Immobilie durch einen Miterben entstehen bereits erhebliche Probleme, da in der Regel keine Einigkeit über den Wert des Grundbesitzes besteht. Sinnvoll wäre es, sich auf einen Sachverständigen zur Immobilienbewertung zu einigen, aber auch dies ist in der Praxis oftmals nicht möglich. Ein weiteres Problem bei einer Immobilie im Nachlass kann sich im Hinblick auf Pflichtteilsansprüche ergeben. Diese bestehen als reine Geldansprüche gegen den Erben, beziehen sich auf der anderen Seite aber auf den gesamten Nachlass und damit auch auf den Wert einer Immobilie. Im Ergebnis können so hohe Pflichtteilsansprüche bestehen, die der Erbe unter Umständen nicht bezahlen kann. Insofern droht hier im Ergebnis eine Zwangsversteigerung.
Nimmt ein Erbe die Erbschaft an, so haftet er für eventuelle Nachlassverbindlichkeiten. Um welche Verbindlichkeiten kann es sich hier handeln?
Birgit Kühne: In der Regel versteht man unter Nachlassverbindlichkeiten zum einen die Erblasserschulden und zum anderen die Erbfallschulden. Bei Erblasserschulden handelt es sich um Verbindlichkeiten, die der Erblasser noch zu Lebzeiten eingegangen ist, die also noch zu seinen Lebzeiten entstanden sind. Dies können Verbindlichkeiten aus Kaufverträgen sein oder beispielsweise aus Krediten. Hiervon zu unterscheiden sind die Erbfallschulden, die den Erben aufgrund des Erbfalls direkt treffen. Diese Verbindlichkeiten resultieren nicht bereits aus Handlungen des Erblassers zu dessen Lebzeiten selbst. Es handelt sich hier typischerweise um Pflichtteilsrechte, zu erfüllende Vermächtnisse oder Auflagen.
Gegebenenfalls kann eine Erbschaftsteuer auf das geerbte Vermögen anfallen. Wann könnten Steuern anfallen und wie hoch fallen diese aus?
Birgit Kühne: Eine Erbschaftssteuer auf das geerbte Vermögen fällt dann an, wenn die jeweiligen gesetzlichen Freibeträge des Erbschaftssteuergesetzes überschritten sind. Bei Kindern des Erblassers beträgt der Freibetrag beispielsweise 400.000,00 EUR; gegenüber dem Ehegatten sind es 500.000,00 EUR. Zu beachten ist aber auch, dass Schenkungen binnen der letzten zehn Jahre vor Eintritt des Erbfalls im Hinblick auf eine entstehende Steuerlast mit dem ererbten Vermögen zusammengerechnet werden und so der Freibetrag ggf. aufgrund zurückliegender Zuwendungen dann mit einem Erbe überschritten werden kann, auch wenn die Erbschaft selbst unter dem Freibetrag liegt. Die möglichen anfallenden Steuern sind gestaffelt und richten sich nach eigenen Steuerklassen. So unterfallen der Erbschaftssteuer Klasse I der Ehepartner, Kinder, Stiefkinder, Abkömmlinge von Kindern oder Stiefkindern sowie die Eltern. Die Steuerklasse II betrifft die Eltern, soweit sie nicht zur Steuerklasse I gehören, Geschwister, Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern und den geschiedenen Ehegatten. Zur Steuerklasse III gehören alle übrigen Erwerber. Je nach Höhe des Erwerbs, der den jeweiligen Freibetrag übersteigt, staffelt sich der Prozentsatz für die Steuer für die Personen der Steuerklassen I von 7% bis 30%, in der Steuerklasse II von 15% bis 43% und in der Steuerklasse III von 30% bis 50%.
Man muss Nachlassverwaltung und Nachlasspflegschaft voneinander trennen. Welche Tätigkeiten erledigt ein Nachlasspfleger?
Birgit Kühne: Die Nachlassverwaltung ist eine Form der Nachlasspflegschaft, allerdings mit dem Ziel der Befriedigung der Nachlassgläubiger sowie der Möglichkeit für den Erben die Haftung mit seinem Eigenvermögen auszuschließen und auf den Nachlass zu begrenzen. Ein Nachlasspfleger kommt hingegen dann zum Einsatz, wenn eine Ungewissheit in Bezug auf die Rechtsnachfolge an sich besteht. Konnte das Nachlassgericht somit keinen Erben ermitteln oder ist die Rechtsnachfolge aus anderen Gründen ungewiss, beispielsweise weil der Erblasser testierunfähig gewesen sein könnte, so hat der Nachlasspfleger in der Regel die Aufgabe, die Erbmasse zu sichern und zusammenzuhalten, sowie gegebenenfalls Erben zu ermitteln. Es soll insofern ein herrenloser Nachlass vermieden werden. Gleiches gilt für den Fall, dass die Erbschaft noch nicht angenommen wurde, jedoch ein Sicherungsbedürfnis für den Nachlass besteht. Insofern können den Nachlasspfleger auch Aufgaben treffen, wie die Auflösung der Wohnung des Erblassers, einschließlich der Kündigung des Mietverhältnisses, der Verkauf von Hausrat oder möglichen Immobilien, aber auch die Organisation und Beauftragung der Bestattung.