Welche Haftungsrisiken können Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Betrieblichen Altersvorsorge ihrer Mitarbeiter tragen und wie können sie diese Risiken minimieren?
Die betriebliche Altersversorgung ist in § 1 BetrAVG definiert worden. Sie ist eine Zusage von bestimmten Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer.
Dies bedeutet, dass es sich ohne etwaige Zusage nicht um betriebliche Altersversorgung handelt und auch steuerlich keinen Betriebsausgabenabzug gerechtfertigt wäre.
Zudem regelt das Gesetz, dass der Arbeitgeber für diese Zusagen auf betriebliche Altersversorgung uneingeschränkt haftbar ist. Dies gilt auch dann, wenn der Versorgungsträger wie etwa eine Direktversicherung, die Unterstützungskasse, der Pensionsfond oder etwa die Pensionskasse in die Zusagen eingebunden ist. Das bedeutet im Ergebnis, dass der Arbeitgeber auch bei sog. mittelbare Formen bzw. Durchführungswegen haftet. Im Gesetz wird das wie folgt niedergeschrieben:
„Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.“
Einfach gesagt haftet der Arbeitgeber immer vollumfänglich für seine Zusagen und Versprechen.
Eine Minimierung des Haftungsrisikos des Arbeitgebers ist lediglich bei der Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gestalterisch möglich. Die Rechtsprechung hat hierbei die Möglichkeit gewährt, in engen Grenzen sog. Versorgungsanwartschaften zu reduzieren. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn eine schlechte, sogar existenzbedrohende wirtschaftliche Situation beim Arbeitgeber nachweislich vorhanden ist.
Welche Auswirkungen können Veränderungen in den rechtlichen Vorschriften zur Betrieblichen Altersvorsorge auf Arbeitgeber haben und wie können sie sich darauf vorbereiten?
Veränderungen in den rechtlichen Vorschriften können beispielsweise zu einer höheren finanziellen Belastung für den Arbeitgeber sorgen. Bestes Beispiel hierfür ist die Änderung der Höhe des Pflichtzuschusses vom 01.01.2019. Danach hat der Arbeitgeber bei neu abgeschlossenen betrieblichen Altersvorsorgeverträgen einen Pflichtzuschuss von mindestens 15 % zu leisten. Alle Altverträge blieben davon zunächst verschont, jedoch endet mit dem 31.12.2021 die Übergangsfrist. Ab 01.01.2022 hatte der Arbeitgeber auch bei Altverträgen, die vor dem 01.01.2019 abgeschlossen wurden, einen Mindestpflichtzuschuss von 15 % des Beitrages zu finanzieren.
Arbeitgeber sind daher gehalten für die Altersvorsorgeverträge etwaige Rücklagen zu bilden und zudem die Verträge rechtlich richtig auszugestalten, um einen steuerlichen Vorteil zu erhalten.
Inwiefern können finanzielle Schwankungen oder unerwartete Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Betrieblichen Altersvorsorge zu finanziellen Risiken für Arbeitgeber führen und wie können sie darauf reagieren?
Ein finanzielles Risiko für den Arbeitgeber birgt § 16 BetrAVG. Danach ist die betriebliche Altersvorsorge alle drei Jahre an die Inflation anzupassen. Eine Exkulpation ist nach der gängigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur in seltenen Ausnahmen möglich. Eine Ausnahme wäre dann gegeben, wenn die Substanz des Unternehmens nicht erhalten bleibt und die Arbeitsplätze der aktiven Arbeitnehmer durch die Anpassung gefährdet werden (vgl. BAG vom 23.04.1985 – 3 AZR 156/83). Steht es somit für das Unternehmen nicht Spitz auf Knopf, sind die Betriebsrenten an die Inflation anzupassen.
Auch hier wäre eine Haftungserleichterung durch eine Versorgungsordnung möglich.
Welche Risiken ergeben sich für Arbeitgeber, wenn sie ihre Beiträge zur Betrieblichen Altersvorsorge nicht rechtzeitig oder in ausreichender Höhe zahlen und wie können diese Risiken minimiert werden?
Das Risiko für die nicht rechtzeitige Zahlung bzw. die nicht ordnungsgemäße Zahlung der Beiträge obliegt dem Arbeitgeber und insbesondere für den persönlich haftenden Gesellschafter, sofern dieser von der nicht rechtzeitigen Leistung Kenntnis hatte. Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 02.09.2015 (Az.:12 Sa 175/15) klargestellt. Denn der Altersvorsorgebetrag ist Arbeitsentgelt, auf das der jeweilige Arbeitnehmer einen Anspruch hat.
Welche Risiken können sich aus einer fehlerhaften Kommunikation oder Informationsweitergabe seitens des Arbeitgebers in Bezug auf die Betriebliche Altersvorsorge ergeben und wie können sie vermieden werden?
Da der Abschluss einer betrieblichen Altersvorsorge mit dem Arbeitnehmer eine Direktzusage darstellt, obliegt die volle Haftung dem Arbeitgeber. Eine fehlerhafte Kommunikation und Informationsweitergabe kann dahingehend zu einem erhöhten Haftungsrisiko für den Arbeitgeber führen. Jeder Arbeitgeber sollte sich bewusst sein, dass eine umfangreiche rechtliche Gestaltung nicht die Thematik von Versicherungsvertretern oder Versicherungsvermittlern ist. Es handelt sich um arbeitsrechtliche Probleme, die losgelöst von den jeweiligen Produkten, zu betrachten und zu klären sind. Der Arbeitgeber gibt mit der betrieblichen Altersvorsorge dem jeweiligen Arbeitnehmer eine Zusage, also seine Garantie oder Versprechen ab, welche zu erfüllen gilt. Es ist daher ratsam, auf eindeutige und klare Informationen zu achten, um das Haftungsrisiko zu minimieren.
Herr Dr. Gaibler, vielen lieben Dank für das Interview.