Strategien in Gehaltsverhandlungen: Den eigenen Wert kennen!

Interview mit Silke Grotegut
Viele scheuen sich vor Gehaltsverhandlungen und sehen es als sehr kritisch, die adäquate Honorierung ihrer Leistungen auf Arbeit zu fordern – das auch meist nicht ohne Grund. Gehaltverhandlungen sind grundsätzlich ein schwieriges Thema und können oft zu kritischen Gesprächen oder sogar Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen führen. Der Arbeitnehmer möchte in seinem Interessebestmöglich bezahlt werden, wohingegen der Arbeitgeber möglichst Kosten sparen möchte. Wie also stellt man sich bei Gehaltsverhandlungen möglichst geschickt an und wie geht man besonders taktvoll vor? Und wenn gehaltstechnisch nicht mehr herauszuholen ist, was könnten die alternativen Leistungen sein? Diese und weitere Fragen beantwortet uns heute Silke Grotegut aus Bonn. Als erfolgreiche Karriereberaterin und Bewerbungscoach hilft sie ihren Klienten unter anderem, das bestmögliche Ergebnis bei Gehaltsverhandlungen zu erzielen.

Wie kann man sich optimal auf eine Gehaltsverhandlung vorbereiten, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen?

Egal, ob es ums Einstiegsgehalt oder um eine Gehaltserhöhung geht, der erste Schritt ist eine gute Recherche zu den marktüblichen Gehältern. Die Höhe des Gehalts ist von verschiedenen Kriterien wie Berufserfahrung, Level, Unternehmensgröße, Branche und Region abhängig. Im Netz gibt es einige gute Adressen, die die Gehälter nach den Kriterien aufschlüsseln. Eine weitere gute Informationsquelle sind Berufsverbände. Sie führen in regelmäßigen Abständen Gehaltsstudien durch. Mitglieder können sich dort erkundigen und sich beraten lassen. Auch die Gewerkschaften führen Gehaltstabellen und geben Mitgliedern Auskunft.

Geht es um eine Gehaltserhöhung, dann ist es wichtig, Klarheit über den eigenen Marktwert zu haben. Perfekt ist es, wenn man sich regelmäßig Notizen gemacht hat. Erfolge geraten nämlich schnell in Vergessenheit. Mit einem „Tagebuch“ kann man sich perfekt auf ein Gehaltsgespräch vorbereiten

Ich empfehle meinen Klienten, vor einer Gehaltsverhandlung die eigene absolute Gehaltsuntergrenze festzulegen, dann das angestrebte Gehalt und weiterhin der Betrag, mit dem man in die Verhandlung geht. Gut ist es, alle relevanten Zahlen wie Jahres- und Monatsgehalt in absoluten Zahlen und Prozenten parat haben. Dann spricht man über das gleiche und weiß gleich, worüber man verhandelt. 

Nicht zuletzt ist es wichtig, sich auf Totschlagargumente vorzubereiten und Argumente parat zu haben, diese zu entkräften.

Welche Faktoren und Argumente können bei Gehaltsverhandlungen berücksichtigt werden, um den eigenen Wert und Beitrag für das Unternehmen zu betonen?

Gute Anlässe, um nach einer Gehaltserhöhung zu fragen sind eine Beförderung oder erfolgreich abgeschlossene Projekte. Gehen die übertragenen Aufgaben über die im Vertrag festgelegten hinaus oder werden die Aufgaben erweitert, dann ist das auch eine gute Möglichkeit, nach mehr Geld zu fragen. Wichtig ist, den eigenen Beitrag und den Mehrwert, den man für das Unternehmen geschaffen hat, mit konkretem Beispiel zu belegen. Hier leistet das Tagebuch als Gedächtnisstütze wertvolle Hilfe.

Welche Verhandlungstechniken und Taktiken können angewendet werden, um die Verhandlungsmacht zu stärken und ein erfolgreiches Ergebnis zu erzielen?

Es gibt ein paar Dinge, die Erfolgschancen deutlich schmälern. Hier ein paar Beispiele:

Falscher Zeitpunkt: Wenn die letzte Gehaltserhöhung erst ein paar Monate zurückliegt oder gerade eine Entlassungswelle heran rollt, dann sind Gehaltsverhandlungen oft zum Scheitern verurteilt. Ein guter Moment für die Frage nach mehr Geld können eine Erweiterung der Aufgaben oder eine Beförderung sein. Auch zum Ende der Probezeit steht das Gehalt oft noch einmal auf dem Prüfstand. Wurde etwas Besonderes geleistet oder ein wichtiges Projekt abgeschlossen? Das sind gute Argumente für einen Aufschlag beim Verdienst. Auch wenn das Unternehmen gerade deutlich wächst, stehen die Chancen gut, dass der Chef bereit ist, bewährte Mitarbeiter für ihre Leistungen zu belohnen.

Schwache Argumente: Das Auto ist kaputt, die Miete gestiegen und ein weiteres Kind unterwegs – das spielt für Gehaltsverhandlungen keine Rolle und schwächt die Verhandlungsposition.

Vorsicht ist auch beim Vergleich mit dem Kollegen geboten. Es wird immer Punkte geben, mit denen der Arbeitgeber den Gehaltsunterschied begründen kann: seien es zusätzliche Aufgaben oder eine längere Betriebszugehörigkeit. Daher mein Tipp: Konsequent mit den eigenen Leistungen argumentieren! Gut ist es, dazu Zahlen und Fakten liefern zu können: Kosteneinsparungen, Umsatzsteigerung, ein erfolgreiches Projekt, Aufgaben, die über die im Arbeitsvertrag vereinbarten Tätigkeiten hinausgehen. Dann haben Sie stichhaltige Argumente für eine Gehaltserhöhung.

Schlechter Stil: „Wenn ich keine Gehaltserhöhung bekomme, dann kündige ich“ Kein Arbeitgeber lässt sich gerne erpressen. Drohungen sind ein schlechter Stil, der sich schnell als Eigentor erweist. Auch wer in der Gehaltsverhandlung negativ über Kollegen redet, um den eigenen Wert hervorzuheben, tut sich keinen Gefallen. Schlechter Stil ist es auch, spontan kurz vor Feierabend oder zwischen Tür und Angel zum Beispiel am Fahrstuhl das Thema Gehaltserhöhung anzusprechen. So schießt man sich selbst aus dem Rennen. Am besten vorher um einen Termin für ein Gehaltsgespräch bitten. So kann sich auch der Chef vorbereiten.

Falsche Einstellung: Gerade Frauen neigen dazu, ihre Leistungen abzuwerten. „Ich habe doch nur meinen Job gemacht“, heißt es dann, anstatt stolz darauf zu sein, was sie alles geschafft hat. Mit konkreten Forderungen tun sich viele Frauen schwer und warten lieber darauf, dass ihnen eine Gehaltserhöhung angeboten wird. Das Problem: Da können sie lange warten.

Wichtig für den Verhandlungserfolg ist es, dass sich insbesondere Frauen vor dem Gespräch klarmachen, dass berufliche Erfolge durch die eigenen Leistungen erreicht wurden und nicht durch Glück oder äußere Umstände.

Wie kann man geschickt mit Gegenargumenten und Einwänden seitens des Arbeitgebers umgehen, um die eigenen Gehaltsvorstellungen zu vertreten?

Als Mitarbeiter muss man sich darüber im Klaren sein, dass mein Gegenüber mit hoher Wahrscheinlichkeit über mehr Verhandlungserfahrung verfügt. Daher ist eine gute Vorbereitung auf Gegenargumente wichtig. Hier ein paar Beispiele für Totschlagargumente und Tipps zum Umgang damit.

 „Gehälter in dieser Höhe sind nicht branchenüblich.“

Dann lässt man am besten durchblicken, dass man sich gut vorbereitet hat und weiß, was branchenüblich ist. Diese Behauptung darf ruhig hinterfragt werden. „Nach meinen Recherchen habe ich nicht den Eindruck, dass ich bei meiner Gehaltsvorstellung über dem Durchschnitt liege.“ Dann kann man nochmal darauf eingehen, welchen Nutzen man dem Unternehmen stiftet.

„Wir können nicht so viel bieten, wir sind ja nur ein kleiner Familienbetrieb“

Kleine Unternehmen zahlen in der Tat nicht so hohe Gehälter wie Konzerne. Das Gehaltsniveau hängt also nicht nur von der Branche, sondern auch von der Firmengröße ab. Vielleicht kann man dann über andere Gehaltsbestandteile verhandeln: Freizeit, Jobticket, Direktversicherung, Home-Office, etc.

„Die finanzielle Lage des Unternehmens lässt gerade leider nicht mehr zu.“

Die finanzielle Lage des Unternehmens hat nichts mit der individuellen Leistung zu tun.

In solchen Situationen kann man ausloten, was es noch an Zusatzleitungen oder -vergütungen geben kann. Da sind Unternehmen häufig flexibler, weil sie die steuerlich absetzen können. 

„Die Konkurrenz zahlt auch nicht mehr“

Mein Tipp: Sachlich bleiben: „Ich spreche aber gerade nicht mit der Konkurrenz! Ich verhandele mit Ihnen über mein Gehalt.“

Welche Alternativen gibt es, wenn eine direkte Gehaltserhöhung nicht möglich ist? Welche zusätzlichen Leistungen oder Benefits können in die Verhandlungen einbezogen werden?

Neben dem Gehalt gibt es verschiedene Benefits, die man verhandeln kann. Dazu gehören beispielsweise Prämien, Boni, Provisionen, Belegschaftsaktien, Firmenwagen, Direktversicherungen, Weiterbildungen, Jobticket oder auch ein Arbeitgeberdarlehn. Gerade tarifgebundene Unternehmen sind häufig großzügiger mit Benefits als mit dem Jahresgehalt.

Vielleicht sind auch mehr Urlaubstage drin oder eine kürzere Arbeitszeit.

Frau Grotegut, vielen herzlichen Dank für das Interview.

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Silke Grotegut

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