Remote-Working: Die ganze Welt als Arbeitsplatz

Interview mit Daniel Unsöld
Unter Remote-Arbeiten versteht man das Arbeiten an anderen Orten als an denen, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden – man nehme z.B. das Home-Office. Was in erster Linie einfach klingen mag, scheint in der Praxis jedoch mit einigen Hindernissen verbunden zu sein. Wie halten die Mitarbeiter untereinander und auch mit ihren Führungskräften ständigen Kontakt? Welche Kommunikationsplattformen werden hierfür benötigt? Wie lässt sich die erbrachte Arbeitsleistung bemessen bzw. kontrollieren? Und leidet die Beziehung der Belegschaft zueinander und zur Führungskraft darunter? Diese und weitere Fragen klärt für uns Daniel Unsöld, Trainer, Coach und Moderator in Berlin.

Welche Schlüsselstrategien und bewährten Methoden haben Sie entwickelt, um effektiv und erfolgreich Remote-Teams zu führen?

Ich arbeite viel mit Remote-Teams zusammen und begleite diese in ihrer Entwicklung. Meiner Einschätzung nach sind drei Faktoren besonders entscheidend:

a) Die Führung muss eine zugewandte, transparente und effiziente Kommunikationskultur selbst vorleben und auch sanktionierend eingreifen, wenn Mitarbeiter*innen die gemeinsamen Regeln verletzen. Wichtige Bereiche sind zum Beispiel Verfügbarkeit, Kommunikationswege und -formen, Gesprächskultur in Meetings.

b) Remote-Arbeit braucht Vertrauen. Dafür müssen wir einander kennen und uns austauschen. Effiziente wöchentliche/tägliche Meeting-Formate für Austausch untereinander sind auch remote unersetzlich, wie z.B. ein Daily Stand-Up, wöchentliche face-to-face-Meetings mit der Führung und/oder ein wöchentliches Feiern von Erfolgen. Regelmäßige Netzwerkevents in Person schaffen dafür in fast allen Teams die gemeinsame Basis. 

c) Effiziente Nutzung der Zeit und Aufmerksamkeit der Mitarbeiter*innen. Reduktion der Meeting- und Emailschlagzahl bei maximaler Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

Wie beeinflusst Remote-Arbeit die traditionelle Führungsdynamik, und welche Anpassungen sind erforderlich, um die Leistung und das Engagement der Teammitglieder aufrechtzuerhalten?

Es braucht im Remote-Team von der Führung mehr Vertrauen in die Leistung der Einzelnen, aber auf der anderen Seite auch mehr individuellen direkten Austausch. Leistung muss remote auf andere Art sichtbar gemacht werden, gegenüber der Führung und im Team. Auch Gemeinschaft und Vertrauen entstehen im Remote-Team nicht von selbst, sondern müssen durch entsprechende Meetingformate und Netzwerkevents geschaffen werden. Eine effiziente Struktur für Kommunikation und Arbeit anstatt inflationäre Emails und Meetings sind ein wichtiger Bereich, in dem aktiv angepasst werden muss, damit Leistung und Engagement erhalten bleibt. Eine spannende Frage ist auch, wie Führung die eigene Kompetenz im Remote Raum darstellen kann und muss, ohne die Motivation und das Engagement der Teilnehmenden negativ zu beeinflussen. Je nach Art der Arbeit, wie stark intrinsisch motiviert die Mitarbeiter*innen sind, sind hier unterschiedliche Ansätze denkbar. 

Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie in der Remote-Führung, insbesondere in Bezug auf die Förderung von Teamzusammenarbeit und die Entwicklung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?

Es ist viel leichter, sich mit allen Mitarbeiter*innen häufig persönlich zu treffen und auf diese Art gute Beziehungen aufzubauen. Arbeitsergebnisse sind, eine entsprechende IT-Infrastruktur vorausgesetzt, viel leichter gemeinsam zu entwickeln und nachzuvollziehen. Es ist im Team möglich, schnell kontinuierlich miteinander in Kontakt zu sein. So kann viel schneller reagiert werden. Für die Mitarbeiter*innen ergibt sich durch Home-Office eine große Flexibilität. 

Risiken der Remote-Team-Arbeit sind eine harte, kalte Kommunikationskultur mit der Folge, dass wichtige Ressourcen im Team nicht genutzt werden. Überflutung mit Meetings und Emails, ineffiziente Abläufe und Kommunikationskultur führen zu Stress und Rückzugstendenzen. Hier gilt es, eine zugewandte, effiziente Kommunikations- und Arbeitskultur zu entwickeln, wo Beteiligung an konkreten Punkten stattfindet, aber nicht kontinuierlich immer alle an allem beteiligt sind oder es potenziell mitlesen sollten. Diese Fokussierung hat unter anderem den positiven Effekt, dass die Verantwortung für ein Ergebnis nicht auf eine große Zahl an Beteiligten diffundiert, sondern stattdessen klar verortet bleibt.

Welche technologischen Tools und Kommunikationsplattformen haben sich in Ihrer Erfahrung als besonders hilfreich für die effektive Remote-Führung erwiesen?

Neben Videokonferenzsoftware (Zoom schlägt MS-Teams) ist der visuelle Aspekt in Remote-Meetings nicht zu unterschätzen. So kann es für eine Führungskraft wichtig sein, zu lernen, wie sie Ergebnisse von Treffen parallel schriftlich/visuell begleiten und festhalten kann, zum Beispiel über ein virtuelles Whiteboard wie Mural oder Miro. Als Standard für remote arbeiten ist eine Cloudlösung wichtig, um gemeinsam an Dokumenten zu arbeiten. Es braucht darüber hinaus Tools, die es den Mitarbeiter*innen ermöglichen, zeitliche Verfügbarkeiten für Videomeetings/Telefonate und stille Arbeitsphasen sichtbar einzustellen (z.B. auf ZOOM, Outlook, Teams). Aufgaben können über Taskprogramme wie MeisterTask oder Trello sichtbar verteilt und abgearbeitet werden. Für die interne Kommunikation sind Programme wie Slack sinnvoll, die es ermöglichen, die Kommunikation zu bestimmten Themen nachzuvollziehen. 

Welche Fähigkeiten und Eigenschaften sind Ihrer Meinung nach für Führungskräfte besonders wichtig, um in einer Remote-Arbeitsumgebung erfolgreich zu sein, und wie können diese entwickelt werden?

Den Menschen im Blick behalten. Sich für eine effiziente, zugewandte Kommunikations- und Arbeitskultur im Team einsetzen. Persönliche Treffen gestalten, im engen Kontakt bleiben – Führung als Coaching. Die Mitarbeiter vernetzen, aber auch gegebenenfalls voreinander schützen. Grenzen setzen, Verantwortung übernehmen. Konflikte in persönlichen Gesprächen ansprechen und lösen.

Herr Unsöld, vielen herzlichen Dank für das Interview.

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Daniel Unsöld

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