Sie unterstützen sowohl Berufseinsteiger als auch Professionals bei der Suche nach dem perfekten Job und dem perfekten Arbeitgeber. Was sind die Ziele und auch vor allem die Herausforderungen Ihrer Kunden in diesem Bereich?
Zunächst einmal – bezugnehmend auf Ihre Fragestellung – ist es aus unserer Sicht wichtig, sich vom Wort „Perfekt“ und den damit verbundenen Zwängen zu lösen. Dies ist für viele Bewerber erstmal eine große Herausforderung. Bei erfahrenen Professionals kommt es häufig vor, dass die letzte Bewerbung lange oder sogar sehr lange zurückliegt und diese unsicher sind, wie eine professionelle Bewerbung aussieht, sprich was heutzutage „state of-the-art“ ist. Neben den Bewerbungsunterlagen ist das „sich verkaufen können“ sowohl für Professionals als auch für Einsteiger die wahrscheinlich größte Herausforderung. Bei Einsteigern ist das Verkaufen mangels fehlender Berufserfahrung ein bisschen kniffliger zu bewerkstelligen, so dass diese häufig auch genau dies als Coachingziel definieren. Bei den Professionals wird das Thema Work-/Life-Balance immer wichtiger und oft als Coachingziel genannt. Weitere Coachingziele sind beispielsweise Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung, passende Qualifizierungen auszuloten oder Optimierung der digitalen Visitenkarte.
Wie wichtig sind Softskills heutzutage?
Softskills waren unserer Meinung nach schon immer wichtig. Sie wurden in der Vergangenheit leider häufig harten Unternehmenszielen untergeordnet und daher in ihrer Bedeutung unterschätzt. Heute ist das anders und dafür gibt es zahlreiche Gründe: veränderte Wertvorstellungen, andere Lebensentwürfe oder auch die zunehmende Knappheit an Fachkräften z.B. durch zunehmende Akademisierung. Auch die Qualität der Softskills ändert sich. Beispielsweise wird in einer patriarchalisch geführten mittelständischen Firma das Softskill „Teamfähigkeit“ in Verbindung mit „Flexibilität“ eher als Subordination unter das Team und die Vorgaben verstanden werden. Dann wird es schwer, neue Talente für diese Firma zu begeistern. Teamfähigkeit kann aber umgekehrt auch heißen: Wie ist ein Team imstande, den Bedürfnissen der Einzelnen gerecht zu werden und dabei die Aufgaben trotzdem erfolgreich zu bewältigen? Das ist ein Paradigmenwechsel, der gerade im genannten Beispiel für Irritationen sorgt – vorsichtig formuliert. Letztlich zahlt sich das jedoch für alle Beteiligten aus, weil es sowohl die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöht als auch deren Commitment und damit auch die Produktivität des Unternehmens.
Damals war es ja ein No Go, wenn man aufgrund von beispielsweise Reisen eine Lücke im Lebenslauf aufwies. Wie sie es heutzutage aus? Wird es immer noch als Mangel gesehen oder kann es vielleicht sogar positiv gesehen werden?
Natürlich stellen sich dem Arbeitgeber bei Lücken im CV Fragen wie: Gibt es eine Krankheitsgeschichte? War der Bewerber beruflichem Druck nicht gewachsen? Wird die Arbeit priorisiert oder schlägt das Pendel des Kandidaten eher in Richtung Freizeit aus? Bei Reisen ist es wichtig, diese auch gut zu verkaufen. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, dass bspw. Skills wie Kommunikationsstärke, Organisationstalent und Flexibilität bei einer Weltreise von sehr großer Bedeutung sind und deshalb dabei auch deutlich gestärkt werden. Wir von IhrBusinessCoach empfehlen, die erlernten Kompetenzen individuell an vakante Stellen anzupassen. Zudem sollte ein Bewerber immer aufpassen, dem potenziellen Arbeitgeber nicht das Gefühl zu geben, bald wieder den Rucksack packen zu wollen, da diese in der Regel an einer längerfristigen Zusammenarbeit interessiert sind.
Sowohl ein Bewerbermarkt ist vorhanden als auch gleichzeitig ein Fachkräftemangel. Theoretisch könnten Bewerber sich einfach die für sich passenden Unternehmen heraussuchen und sich eigenständig bewerben. Warum brauchen dennoch viele Bewerber Ihrer Meinung nach ein professionelles Coaching?
Wenn das Matching in der Praxis so einfach wäre, ginge das in der Tat so. Auch ein großes Angebot an potenziellen Stellen kann jedoch eine große Hürde bedeuten. Welches Angebot ist das Beste für mich? Was suche ich konkret? Ich habe diese oder jene schlechte Erfahrung gemacht in den letzten Stellen – gibt es ein Muster, das ich durchbrechen kann, bevor ich mich in die neue Arbeit stürze? usw. Die Gründe sind also mannigfaltig. Bei einem Boxer würde keiner fragen, wieso er einen Trainer/Coach benötigt und seine Gegner nicht einfach umhaut. Ein weiterer Grund liegt in der Professionalisierung des Bewerbungscoachings: Als IT-Spezialist sind sie z.B. Schnittstellenexperte für Handelssysteme. Warum sollten sie auch noch Bewerbungsspezialist sein? Da gehen sie lieber zu jemanden, der sich damit auskennt. Zudem kann ein weiterer Vorteil die Gehaltsverhandlung sein, die in unserem Bewerbungscoaching stets integriert wird. Mit einer guten Vorbereitung lässt sich bei dieser meist mehr rausholen als ohne Coaching.
Einige Kandidaten/-innen haben Probleme damit, sich zu präsentieren bzw. gut ins rechte Licht zu stellen. Würden Sie kurz anhand Ihrer Erfahrung aufzeigen, welche Probleme am häufigsten auftreten, bei denen Sie eingreifen und coachen müssen?
Das immer wiederkehrende Hauptthema ist, dass Bewerber sich selbst in den Fokus rücken und sich nicht oder nicht ausreichend in die Lage des Gegenübers hineinversetzen. Dies gilt sowohl im Anschreiben als auch dem eigentlichen Vorstellungsgespräch. Es ist für einen Recruiter wesentlich, was den Bewerber zu einem gut passenden Match für die vakante Stelle, das Team und die Firma macht. Dabei ist einer der Hauptfehler, als Bewerber generisch zu argumentieren, also allgemein zu bleiben. Anhaltspunkte, um zu spezifizieren, liefert die Firma, sei es durch die Selbstbeschreibung auf der Website und vor allem die Stellenausschreibung. Neben den praktischen Beispielen sollten auch Erfolge und Stärken nicht zu kurz kommen.
Ein weiteres Problem ist, dass viele Bewerber sowohl bei den Bewerbungsunterlagen als auch im Vorstellungsgespräch zu viel schicken bzw. preisgeben. Konkret sehen wir nicht selten, dass eine Bewerbung 20 oder sogar 25 Seiten umfasst. Da gilt das Motto: „Weniger ist mehr“. Im Vorstellungsgespräch ist es ebenfalls ratsam, nicht zu weit auszuholen und somit Gefahr laufen, sich um Kopf und Kragen zu reden. Hier setzten wir in Form von praktischen Übungen wie bspw. dem Rollenspiel an, um dies zu vermeiden.
Geben Sie uns doch bitte noch ein paar Einblicke davon, wie genau ein Coaching abläuft.
Am Anfang steht bei uns immer das Kennenlerntelefonat oder
-gespräch. In diesem geht es neben dem gegenseitigen Beschnuppern, um die Klärung von offenen Fragen und der Darstellung unserer Arbeitsweise. Im Anschluss entscheiden wir gemeinsam, ob wir zusammenarbeiten wollen.
Im eigentlichen Coaching liegt bei IhrBusinessCoach der Fokus ganz klar auf den Zielen und Wünschen der Kunden. Es gibt auch keinen vorab festgelegten Fahrplan. Wir richten uns individuell nach den Bedürfnissen der Coachees. Die Sitzungen können sowohl in Präsenz als auch komplett Online durchgeführt werden. Im Großraum München hat sich in den letzten zwei Jahren das Blended Coaching – eine Mischung aus Präsenz- und Online Coaching – etabliert.
Konkret steht unser Coaching unter dem Motto: „Aus der Praxis für die Praxis“. Das heißt wir geben den Kunden Tipps, Tricks und Möglichkeiten mit an die Hand, die wir selbst oder unsere Kunden erlebt und zum Erfolg geführt haben. Wichtig ist bei uns immer Authentizität – Wir wollen unseren Kunden dabei helfen, Ihre Potenziale sprich Stärken und Kompetenzen besser zu nutzen oder zu verkaufen. Die Coachingsitzungen laufen nicht nur interaktiv ab, sondern die Coachees werden auch in Form von praktischen Übungen gezielt auf die Live-Situation vorbereitet. Immer mit dem Ziel „Hilfe zur Selbsthilfe“. Denn irgendwann ist das Coaching zu Ende und jeder muss selbst die PS auf die Straße bekommen.
Wenn wir etwas näher auf die Berufseinsteiger und die Professionals eingehen, welche Anforderungen stellen Unternehmen an Bewerber, die neu in die Berufswelt einsteigen und die, die einen Berufs- bzw. Unternehmenswechsel vornehmen möchten?
Bei Berufseinsteigern ist der Fokus neben den fachlichen Voraussetzungen aus Schule und Studium ganz klar auf die Softskills im Bereich persönliche und soziale Kompetenzen gerichtet. In meiner Zeit bei Schwäbisch Hall war dies Priorität im Recruiting, da wir uns bewusst gemacht hatten, dass diese Kompetenzen nur sehr schwer im Erwachsenenaltern verändert bzw. erlernt werden können. Diese Kompetenzen sind bereits durch Erziehung und Umfeld sehr stark ausgeprägt. Bei den fachlichen und methodischen Kompetenzen hatten wir über die hausinterne Trainingstochter dagegen viele Möglichkeiten die neuen Mitarbeiter schnell in speziellen Themen fit zu machen.
Bei Professionals liegt der Fokus mehr im Bereich Fachwissen und Methodenkompetenz, da Professionals bereits berufserfahren sind und diese Expertise bzw. Erfahrung eine große Rolle bei der Besetzung der Stelle spielt. Wichtig ist hier, dass der Bewerber einen Transfer herstellen kann. Konkret bedeutet dies, dass er dem potenziellen Arbeitgeber aufzeigen kann, welchen Nutzen er diesem bringt, am besten durch praktische Beispiele aus seinem Berufsleben. Jedoch spielen auch hier Softskills bspw. in Bezug auf die Teamfähigkeit eine immer größere Rolle.
Für beide gilt, dass sie sich als Bewerber Gedanken über die mittelfristige Berufs- bzw. Karriereplanung machen sollten, da Unternehmen mehr bewusst wird, dass das sogenannte Humankapital – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels und vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung – eine immer größere Rolle spielt. Personalauswahl, Einarbeitung und Entwicklung kosten die Unternehmen sehr viel Geld.
Das heißt, Bewerber haben einen in vielerlei Hinsicht großen Wert für ein Unternehmen. Wenn ein Bewerber diesen Wert kennt und diesen gut verkauft, indem er für die jeweilige Vakanz und Firma auf passende Weise argumentiert, macht dieser alles richtig.
Herr Strauß, vielen Dank für das Interview.