Beschäftigte stehen häufig vor einem beruflichen Scheideweg und wissen nicht wohin. Der Begriff ist zwar allgemein bekannt, aber was versteht man unter einer Karriereberatung?
Juliane Pannenbäcker: Ein Karriereberater bringt sich mit seinem Erfahrungsschatz ein, bewertet die berufliche Situation seines Klienten und gibt Empfehlungen ab, die aus seiner Sicht dem Klienten helfen könnten. Häufig hat der Karriereberater vorher selbst Karriere in Konzernen gemacht oder im Bereich HR gearbeitet. Er kennt die Strukturen in Unternehmen sowie Kriterien für die Personalauswahl und kann auf Basis dieser Erfahrungen Entwicklungsschritte für seinen Klienten aufzeigen. Der Klient entscheidet anschließend, ob einer der aufgezeigten Wege für ihn passt oder nicht. Das Problem bei Beratung ist, dass der Berater sich mit seinem Erfahrungsschatz einbringt und deshalb automatisch Teil der Lösung ist. Selten passt die Lösung zu 100% und der Klient muss bei Änderungen wieder den Berater aufsuchen und um Rat fragen. Damit entsteht eine gewisse Abhängigkeit vom Berater. Typische Fragestellungen in der Karriereberatung sind: „Wie kann ich Karriere machen?“, „Was ist der nächste beruflich Schritt?“, „Was kann ich sonst noch so an Jobs machen?“.
Inwiefern unterscheiden sich also Karrierecoaching, Karriereberatung und Berufsberatung?
Juliane Pannenbäcker: Ein Karrierecoach leitet seinen Coachee (Klient im Coaching) in der Analyse und Reflexion eines Themas an. Dafür ist es wichtig, dass der Coach die Verantwortung für den Prozess hat, methodisch fundiert vorgeht und — ganz wichtig — seine persönlichen Erfahrungen nicht mit einbringt. Denn: was der Coach für Erfahrungen mit dem Thema hat, spielt im Coaching keine Rolle und würde den Coachee ggf. in seiner Lösungsfindung beeinflussen. Im Gegensatz zur Beratung hat Coaching immer das Ziel, den Klienten zu selbstständigen Entscheidungen und Lösungen zu befähigen. Dadurch entsteht eine sehr hohe Umsetzungswahrscheinlichkeit. Außerdem ist Coaching nachhaltiger, weil der Coachee anschließend ähnliche Themen selbst lösen kann. Typische Fragestellungen für einen Karrierecoach sind: „Ich bin unzufrieden im Job. Was kann ich tun, damit sich etwas ändert?“, „Was kann ich eigentlich?“, „Welcher Job liegt mir wirklich?“, „Wie kann ich mich weiterentwickeln?“ u.a. Berufsberatung ist im klassischen Sinne auch eine Beratung, die von i.d.R. jungen Menschen im Übergang zwischen Schule und Beruf oder im späteren Arbeitsleben an Wendepunkten wie z.B. Arbeitslosigkeit genutzt wird. Die Beratung spricht Empfehlungen aus, die durch eignungsdiagnostische Tests, eigene Erfahrungen oder die Arbeits- und Ausbildungsmarktlage beeinflusst sind. Klassische Berufsberater sitzen z.B. im Arbeitsamt und empfehlen hier Jobs, die gerade gesucht werden und eventuell passen könnten. Private Berufsberatungen haben im Gegensatz dazu den Fokus auf der Persönlichkeit ihres Klienten und weniger den Arbeits- und Ausbildungsmarkt, aber auch sie sprechen Empfehlungen für Berufswege aus und geben Ratschläge, wie man am besten vorgehen sollte. Das Berufswahlcoaching richtet sich gezielt an junge Menschen im Übergang von Schule/Studium und Beruf. Da es sich um ein Coaching handelt, geht es auch hier darum, den jungen Menschen zu befähigen, eigene und fundierte Entscheidungen in Bezug auf die eigene Berufswahl zu treffen. Berufswahlcoaching ist sehr nachhaltig, weil der junge Mensch schon am Anfang seines beruflichen Werdegangs die Kriterien kennenlernt, die für ihn persönlich in Bezug auf sein Studium/Ausbildung, seinen zukünftigen Arbeitsplatz und Arbeitgeber relevant sind. Er kann anhand dieser Kriterien suchen und ggf. auch selbstständig nachjustieren. Am Ende hält er seinen persönlichen Masterplan in der Hand, mit dessen Hilfe er zukünftig berufliche Fragen reflektieren und sich selbst beantworten kann, warum etwas für ihn passt oder eben nicht passt. Wenn man bedenkt, dass 30% aller Studenten und Auszubildenden ihr Studium bzw. ihre Ausbildung abbrechen und dann neu anfangen zu suchen, ist es tatsächlich sehr zu empfehlen, im Vorfeld der Studien- und Berufswahl ein Berufswahlcoaching in Anspruch zu nehmen.
Nun braucht nicht jeder, der vor einer beruflichen Entscheidung steht, eine Karriereberatung. Für wen ist eine Beratung geeignet und was bekommt der/die Ratsuchende im Beratungsangebot an Information?
Juliane Pannenbäcker: Das stimmt, nicht für jeden ist eine Karriereberatung sinnvoll genauso wie nicht immer ein Karrierecoaching sinnvoll ist. Folgende Fragen können einem bei der Entscheidung helfen: Suche ich einen versierten Rat bzw. eine Einschätzung meiner Situation von außen? Will ich die Mechanismen für Karriere verstehen? Dann könnte eine Karriereberatung das richtige Angebot sein. Oder: Suche ich jemanden, der mir hilft, zu verstehen, wie ich ticke und eigene Lösungen zu entwickeln? Dann könnte Karrierecoaching das richtige Angebot sein. Ich unterscheide hier immer gerne zwischen aktivem und passivem Vorgehen: Die Beratung ist aus meiner Sicht eher passiv, weil man die Eigenverantwortung, die man für sein Thema hat, an jemand anderen abgibt. Coaching ist für mich ein eher aktives Vorgehen, weil ich die Verantwortung für das Ergebnis nicht aus der Hand gebe und mich selbst weiterentwickle.
Wie ernst zu nehmen sind Karriereberatungen? Sind sie wirklich ein Sprungbrett in die Karriere oder nur simple Geldschneiderei?
Juliane Pannenbäcker: Eine Karriereberatung hilft Mechanismen der Karriere zu durchschauen, abhängig von Ihrer Situation können diese Ratschläge sehr wertvoll sein. Coaching hilft zu verstehen, wann und worin man gut ist, wie man seine Blockaden löst und Fahrt aufnimmt. Es liefert eine solide Grundlage für eine Karriere. Ohne persönliche Entwicklung kommt man eben irgendwann nicht weiter. Neulich hatte ich eine Abteilungsleiterin bei mir, die unzufrieden war, weil sie seit Jahren das Gefühl hatte nicht weiterzukommen. Sie hat im Coaching festgestellt, warum sie seit Jahren mit Bauchschmerzen zur Arbeit geht und dort auf der Stelle tritt. Sie hat im Coaching die Faktoren identifiziert, die eine neue Position mitbringen sollte, damit sie leistungsstark und gleichzeitig zufrieden ist. Mit dieser inneren Klarheit hat sie sich guten Gewissens von ihrem alten Job verabschieden können und die Bereichsleitung in einem anderen Unternehmen übernommen. Diese Entwicklung von Frust durch einen Job zu Lust auf einen Job ist für den Betroffenen (und sein Umfeld!) sehr wertvoll. Klären Sie im Vorgespräch mit Ihrem Coach oder Berater, wie er vorgeht und ob Ihre Situation und das was sie mit Coaching/Beratung erreichen wollen mit seiner/ihrer Hilfe möglich ist. Seien Sie vorsichtig bei Versprechen!
Mit welchen Kosten müssen Interessenten rechnen und wie finden sie ein seriöses Beratungsangebot?
Juliane Pannenbäcker: Beim privaten Karrierecoaching und bei privaten Karriereberatungen müssen Sie mit Kosten ab ca. 150 Euro aufwärts pro Stunde rechnen. Bei Karriereberatern würde ich auf die persönlichen beruflichen Erfahrungen, Zugehörigkeit zu Netzwerken achten, weil für Beratung eben ein breites Hintergrundwissen ratsam ist. Seriöse Coachingangebote erkennen Sie daran, dass der Coach eine zertifizierte Ausbildung absolviert hat, Mitglied in einem Verband oder einer Qualitätsgemeinschaft ist, dass er seinen Coachingansatz im Netz transparent macht und Ihnen logisch erklären kann, wie er im Coaching vorgeht. Ich coache z.B. nach dem Coachingprozess der neuen Hamburger Schule und habe mich zu einer konkreten Abfolge und bestimmten Qualitätskriterien verpflichtet. Der Coachingprozess ist wissenschaftlich basiert und orientiert sich an einem im Management bekannten Problemanalyse- und Lösungsverfahren. Ich kann Ihnen genau erklären, warum ich etwas mache. Weiterhin sollte man darauf achten, dass der Coach keine manipulierenden Methoden anwendet und keiner Sekte angehört. Für den Fall, dass Sie die Unterscheidung zwischen Coaching und Beratung ebenfalls gebrauchen können:
Grundsätzliche Unterschiede zwischen Beratung und Coaching: Bei einer Beratung bekommt man einen Ratschlag aus der Perspektive des Beraters, der vor dem Hintergrund seiner Erfahrung den bestmöglichen Weg zur Lösung eines Themas aufzeigt. Der Berater erstellt und verantwortet das Ergebnis. Beim Coaching geht es immer um die Entwicklung persönlicher Kompetenzen in Bezug auf ein Thema. Coaching hat das Ziel, den Coachee (der Klient heißt im Coaching üblicherweise Coachee) in Bezug auf seine eigenen Kompetenzen so zu befähigen, dass er eigene Entscheidungen in Bezug auf sein Thema treffen kann. Der Coach verantwortet den Prozess, nicht das Ergebnis.