Sie unterstützen sowohl Berufseinsteiger als auch Professionals bei der Suche nach dem perfekten Job und dem perfekten Arbeitgeber. Was sind die Ziele und auch vor allem die Herausforderungen Ihrer Kunden in diesem Bereich?
Die Herausforderung ist das Selbstbild mit allen Facetten von persönlich, privat bis Beruf und Weiterentwicklung im Sinne von Vision. Meistens ist erst einmal zu klären, welche Fähigkeiten, Talente und Leidenschaft haben die Klienten. Das ist oft versteckt hinter den aufgesetzten Vorstellungen aus Werbung, Kultur, Familie, Freunden usw. Nach dieser Klärung ergeben sich daraus die Ziele bzw. Kriterien für alle Lebensbereiche und natürlich für den perfekten Job und Arbeitgeber. Jüngere Klienten schwimmen in den Feldern Beruf, Freizeitgestaltung, Partnerschaft, Familie, Freunde und ihrer eigenen Suche nach Sinn und Work-Life-Harmony. Erfahrene Klienten, die Professionals, suchen ihren Platz in der Arbeitswelt, wo sie ihre Kompetenz und Leidenschaft einbringen können. Sie möchten gerne bei der Gestaltung des Unternehmens beitragen. Sie suchen oft jüngere Unternehmen, Start-Ups, wo sie ihre Erfahrung und Expertise einbringen können, um das Unternehmen stabil wachsen zu lassen.
Wie wichtig sind Softskills heutzutage?
Softskills sind besonders in unserer immer mehr digitalen Welt wichtig – es sind die Reifen, die die PS auf die Straße bringen, so ist es auch mit den Softskills. Die Sprache und unsere Verhaltensmuster ändern sich rasant, nicht zuletzt durch all unsere modernen Kommunikationsmittel und -medien. Es gilt heute mehr als je zuvor, „Erfolg ist menschlich“, denn die moderne Arbeitswelt verlangt eine höhere Präzision in unserer Sprache, um das Miteinander motivierend zu halten. Das hat auch damit zu tun, dass uns VUCA fordert: Unbeständigkeit / Ungewissheit / Verflochtenheit / Mehrdeutigkeit. Vor allem brauchen wir die Softskills auch im informellen Lernen, dem Performance Support, durch Training, Coaching und Mentoring. Das ist die Grundlage für neues Können in den Phasen 3 bis 5: Wissen anwenden und ausführen, Hürden der Anwendung meistern und umdenken, neuen Lösungsweg umsetzen.
Damals war es ja ein No Go, wenn man aufgrund von beispielsweise Reisen eine Lücke im Lebenslauf aufwies. Wie sie es heutzutage aus? Wird es immer noch als Mangel gesehen oder kann es vielleicht sogar positiv gesehen werden?
Die Kunst liegt darin, die Lücke zu erklären mit wertvollen Erkenntnissen und Erfahrungen, die hier entstanden sind. Sei es die Erweiterung der Lebenserfahrung im Umgang mit Menschen oder berufliche Praxis außerhalb der Komfortzone oder das Überwinden von Fehlern oder Niederlagen, die die eigene Resilienz verstärken. Die Anforderung ist, beide Seiten einer Medaille sehen zu können, nicht nur das Negative. Eine scheinbare Lücke ist durchaus positiv zu werten. Hierzu braucht es natürlich Selbstbewusstsein, an dem ich mit meinen Klienten arbeite, damit sie in der Lage sind, solche Lücken zu erläutern und die wertvollen Elemente darzulegen. Gerade im Softskill-Bereich sind hier oft große Schätze vorhanden, die den Klienten allerdings nicht bewusst sind. Das ist natürlich anstrengend und doch lohnenswert sich selbst zu analysieren, um letztendlich gestärkt aufzutreten.
Sowohl ein Bewerbermarkt ist vorhanden als auch gleichzeitig ein Fachkräftemangel. Theoretisch könnten Bewerber sich einfach die für sich passenden Unternehmen heraussuchen und sich eigenständig bewerben. Warum brauchen dennoch viele Bewerber Ihrer Meinung nach ein professionelles Coaching?
Sich selbst zu verkaufen, sich selbst anzubieten, ist die schwerste Disziplin. Wir haben blinde Flecken und unsere Qualitäten sind für uns selbstverständlich und daher nichts Besonderes. Deshalb stellen wir diese nicht heraus. In einem professionellen Coaching gewinnen wir mehr Selbstbewusstsein und können dadurch besser auswählen und überzeugen. Denn im Bewerbermarkt muss ich dem potenziellen Arbeitgeber sagen, warum ich bestens zu ihm passe. Dazu muss ich natürlich analysieren, was braucht der Arbeitgeber. Ich muss seine Ziele verstehen, um zu entscheiden welchen wertvollen Beitrag ich leisten kann, den ich ihm dann verkaufe. Also muss ich Profiverkäufer sein. Das haben wir allerdings nicht gelernt. Der Bewerbermarkt stellt höhere Anforderungen an die Bewerber als es früher im Arbeitgebermarkt war. Da war es umgekehrt, da brauchte das Unternehmen im Personalbereich Profis, die verschiedensten Techniken die besten Bewerber herausfilterten. Das ist auch ein Schlüsselpunkt, Profis treffen auf Profis, denn Profis gewinnen immer. Der Fachkräftemangel hat aus meiner Sicht damit zu tun, dass die Wirtschaft vor 20 Jahren die fehlenden Fachkräfte einfach nicht ausgebildet hat. Schülerinnen und Schüler mussten damals in Berufsgrundschuljahren aufgefangen werden, weil sie keine Ausbildungsstelle bekommen haben.
Einige Kandidaten/-innen haben Probleme damit, sich zu präsentieren bzw. gut ins rechte Licht zu stellen. Würden Sie kurz anhand Ihrer Erfahrung aufzeigen, welche Probleme am häufigsten auftreten, bei denen Sie eingreifen und coachen müssen?
Meistens fehlt es an der Begeisterung für den Job bzw. für den Arbeitgeber und ebenfalls an der Begeisterung für sich selbst. Hier setzt das Coaching an, denn wenn die innere Haltung und Einstellung im Bewusstsein sind, dann gelingen auch die Selbstpräsentationen. Natürlich werden diese geübt und geprobt mit Feedback und Video – wie bei Voice of Germany. Sich selbst darzustellen ist insofern schwer, weil wir uns mehr mit der Sache, mit Themen, Aufgaben und Verpflichtungen beschäftigen als mit uns selbst. Wir sind meist nicht in der Lage folgende 5 Fragen zu beantworten: Wer bin ich? Was mache ich? Womit mache ich es? Für wen mache ich es? Und warum mache ich es? Das sind die 5 Fragen für die eigene Mission. Diese arbeite ich mit meinen Klienten klar heraus, so dass sie in der Lage sind, jederzeit über sich selbstsicher Auskunft zu geben. Sie können das einfach mal testen – jetzt aus dem Stegreif.
Geben Sie uns doch bitte noch ein paar Einblicke davon, wie genau ein Coaching abläuft.
Zum Start klären wir die Rahmenbedingungen ab und ob wir zusammenpassen. Denn Vertrauen ist die Basis. Dann steigen wir ein mit dem Haben, dem Selbstbild und den Motivationen für den Beruf. Das ist schon anstrengend, denn jetzt muss ich mich selbst ehrlich analysieren. Allen Schein weglassen und die echten Kompetenzen feststellen, zu differenzieren zwischen kennen und können. Darauf aufbauend entwickeln wir eine Vision, die zur Persönlichkeit passt. Die Vision ist eine Vorstellung der Zukunft, wie ein Film in dem ich meine Motive, Emotionen, Menschen in der konkreten Situation sehe, damit ich meine ganze Energie und meine Fähigkeiten einsetze, diese zu erreichen. Im 3.Schritt entwickeln wir dann Strategien und Pläne zur Umsetzung. Wie in einem Projekt brechen wir es auf in einzelne Pakete, die dann systematisch und logisch verknüpft werden. Natürlich betrachten wir auch Risiken und Chancen und bedenken Handlungs-Alternativen. Hier begleite ich dann den Klienten, je nach Bedarf mit Training und Mentoring in der Umsetzung. So ein Prozess läuft über 3 bis 9 Monate und ist intensiv – was sich lohnt, denn es ist sein Leben. Der Klient muss bereit sein in sich zu investieren mit Zeit und Geld. Es ist echte Arbeit, die der Klient mit sich und für sich durchführt.
Wenn wir etwas näher auf die Berufseinsteiger und die Professionals eingehen, welche Anforderungen stellen Unternehmen an Bewerber, die neu in die Berufswelt einsteigen und die, die einen Berufs- bzw. Unternehmenswechsel vornehmen möchten?
Das ist abhängig von der Qualität und Kompetenz des Personalmanagements in Unternehmen. Professionelle Unternehmen können Bewerber über deren Anforderungen befragen und bekommen diese genannt. Im Generellen wird meistens Eigenverantwortung, Eigeninitiative, Zuverlässigkeit und Kooperationsfähigkeit besonders beurteilt und eingeschätzt. Die Digitalisierung fordert dies mehr denn je, damit sie letztendlich den Menschen dient und deren Arbeitsleben erleichtert. Das kritische (schwächste) Glied im digitalen Prozess ist und bleibt der Mensch. Wir brauchen ihn dennoch für die Qualität und Flexibilität der digitalen Werkzeuge. Bei jüngeren Bewerbern wird mehr auf die Sozialkompetenz geachtet, denn die fachliche Kompetenz ist frisch ausgebildet. Um jedoch in das informelle Lernen zu kommen, brauchen sie die menschlichen Elemente. Bei Professionals ist es oft komplexer. Diese bringen viel Erfahrungswissen mit, was allerdings nicht direkt zum Unternehmen passt. Hier ist die spannende Frage nach der Anpassungsfähigkeit das Wichtigste, nach dem Motto: Survival of the Fittest – also der Anpassungsfähigste ist hier gefragt. Neuerdings wird es mit dem Schlagwort Adaptability benannt. Das ist auf jeden Fall die größte Anforderung an die Professionals.