Welche Bedeutung hat Employer Branding für Unternehmen und wie kann eine starke Arbeitgebermarke aufgebaut werden?
Der Aufbau einer Arbeitgebermarke ist letztlich ein wesentlicher Bestandteil, der zur Sichtbarkeit des Arbeitgebers führt und somit in das „relevant Set“ potenzieller Arbeitnehmer rückt. Es ist mit dem Produktmarketing gut zu vergleichen. Sie können das beste Auto der Welt herstellen. Wenn niemand weiß, dass es dieses Auto gibt und was es auszeichnet, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass Sie das Fahrzeug erfolgreich verkaufen werden. Genauso verhält es sich mit einer Arbeitgebermarke. Wenn man Ihr Unternehmen am Arbeitsmarkt nicht kennt, oder nicht klar ist wofür es steht, was die Vorteile sind, dann sinkt unweigerlich die Wahrscheinlichkeit, dass sich Arbeitskräfte bei Ihnen bewerben. Sie sind schlichtweg nicht sichtbar am Arbeitsmarkt.
Welche Strategien und Maßnahmen können Unternehmen einsetzen, um ihr Employer Branding gezielt zu stärken und attraktiv für potenzielle Mitarbeiter zu sein?
Im Kern unterscheiden wir zwischen internen und externen Aktivitäten. Die internen zielen darauf ab, die bestehenden Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden und bestenfalls zu Markenbotschaftern zu machen, also zu erreichen, dass die Mitarbeiter gut über Sie als Arbeitgeber sprechen. Bei externen Aktivitäten sind alle Aktivitäten relevant, die dazu beitragen die Arbeitgebermarke – also die Employer Brand – am Arbeitsmarkt zu positionieren. Dies kann durch unterschiedlichste Marketingaktivitäten erfolgen, die für Reichweite und Sichtbarkeit sorgen.
Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch der „Fit“ zwischen Markenversprechen und Markenrealität. Wenn Sie also z. B. ein eher traditionelles Unternehmen sind, sich aber mit einer Arbeitgebermarke darstellen, die den Charme eines Berliner Startups versprüht, dann gibt es eine Dissonanz zwischen Wunsch & Wirklichkeit. Einfach gesagt: Wenn Sie im Restaurant eine Cola bestellen, möchten Sie keine Fanta bekommen.
Wie kann man die Unternehmenskultur und die Werte der Organisation in die Employer Branding-Strategie integrieren?
Eine erfolgreiche Arbeitgebermarke wächst von innen nach außen. Natürlich können Sie sich auf Vorstandsebene einen Trainer einkaufen, der mit Ihnen eine Arbeitgebermarke entwickelt, auf die alle Chefs am Ende ganz stolz sind, weil diese „pfiffig und peppig“ aussieht. In den meisten Fällen wird sich diese Arbeitgebermarke nur sehr schwer etablieren lassen, da der wesentliche Teil der Marke eben die Mitarbeiter sind und auch in der externen Darstellung sein sollten. Eine erfolgreiche Integration hängt also maßgeblich von der Bereitschaft der Mitarbeiter ab diese Marke zu tragen. Um dies zu erreichen, ist es essenziell, die Mitarbeiter von Beginn an in den Entwicklungsprozess zu integrieren, gemeinsam eine Arbeitgebermarkenidentität aufzubauen und zu etablieren.
Welche Rolle spielt die Nutzung digitaler Medien und sozialer Netzwerke bei der Verbreitung der Employer Brand und der Ansprache potenzieller Bewerber?
Social Media ist ein einfacher und guter Weg, um auf die eigene Arbeitgebermarke aufmerksam zu machen. Im Kern kann man hier zwischen organischem und bezahltem Content unterscheiden. Organisch beschreibt alles, was das Unternehmen an Inhalten zumeist über die eigenen Social-Media-Kanäle bereitstellt. Dies können z. B. Einblicke in den Arbeitsalltag sein, das Vorstellen neuer Kollegen oder gemeinsame Aktivitäten. Diese Art von Inhalten ist nicht selten dann als besonders erfolgreich zu bewerten, wenn die eigenen Mitarbeiter die Inhalte auch in ihren privaten Netzwerken teilen. Dies wäre dann eine mögliche Aktivität von Mitarbeitern als Markenbotschafter.
Neben den organischen Inhalten gibt es unterschiedliche zu bezahlende Möglichkeiten die eigene Arbeitgebermarke zu verbreiten. Dazu zählen Werbeanzeigen auf den unterschiedlichen Onlineformaten, Kampagnen, die Aufmerksamkeit erzielen, gerade bei Menschen, die Ihre Arbeitgebermarke noch nicht kennen und Kampagnen, die sich – unter Zuhilfenahme besonderer Technologien – direkt an Kandidaten wenden, die man als „latent wechselwillig“ beschreibt, also Menschen, die durch ihr Onlineverhalten signalisieren, dass sie derzeit auf Jobsuche sind.
Je nach Unternehmen können auch Content Creator, auch bekannt als Influencer, als Werbepartner eine effiziente Möglichkeit sein.
Wie kann das Mitarbeiterengagement und die Mitarbeiterbindung durch eine effektive Employer Branding-Strategie gesteigert werden?
Das kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen, im ersten Schritt jedoch vor allem durch „Employee Involvement“, also die Einbindung Ihrer Mitarbeiter in die verschiedenen Prozesse bei den Arbeitsabläufen, insbesondere jedoch bei der Entwicklung der Arbeitgeberidentität, der Kultur und der daraus entstehenden Arbeitgebermarke. Sorgen Sie dafür, dass Mitarbeiter stolz darauf sind mit Ihnen für Sie zu arbeiten, dass ihnen Zusatzleistungen geboten werden, die einen echten Mehrwert für Sie haben, dass sie wirklich gesehen werden und ihre Sicht wichtig für Sie als Arbeitgeber ist, dass sie sich in ihrem Team und vor allem mit ihrem Vorgesetzten wohlfühlen.
Haben Sie intern einen guten Rahmen geschaffen und blicken auf zufriedene Mitarbeiter, die sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren und ihn sogar unaufgefordert weiterempfehlen, gründen Sie eine Task-Force von freiwilligen Mitarbeitern (keine Vorstands- oder Führungsebene) und erarbeiten Sie gemeinsam Ihren Arbeitgebermarkenauftritt. Werden Markenkern, Content und Design gemeinsam erarbeitet, haben Sie nicht nur stolze Mitarbeiter, sondern höchstwahrscheinlich auch eine authentische Arbeitgebermarkenpräsenz, in welcher die Mitarbeiter im Fokus stehen. Die Art Mitarbeiter, von denen Sie nicht nur mehr wollen, sondern die mit ihrer schieren Präsenz in der Arbeitgebermarkenkommunikation Identifikationspotenziale für Bewerber schaffen.
Herr Steffen, vielen herzlichen Dank für das Interview.