Es gibt zahlreiche Gründe, warum Beschäftigte unzufrieden mit ihrem Job sind. Für viele ist aber eine berufliche Neuorientierung keine Option. Was sind die häufigsten Gründe, die zu einer Jobunzufriedenheit führen?
Doris Deichselberger: In meiner 20-jährigen Tätigkeit als Business Coach und Karriere Beraterin erlebe ich sehr oft, dass viele Mitarbeiter aufgrund fehlender Anerkennung unzufrieden mit ihrer Tätigkeit sind. Darüber hinaus mangelt es ihnen häufig am Sinn ihrer Tätigkeit. Auch das Thema Nachhaltigkeit der Tätigkeit wird zunehmend wichtiger.
Besonders nach ein paar Jahren im Beruf, d.h. ab ca. Anfang / Mitte 30 (je nach Ausbildung und Position) steigt bei zahlreichen Beschäftigten das Bedürfnis, die eigenen Werte leben und umsetzen zu können. Hierbei ist häufig die Motivation durch Anerkennung der Persönlichkeit und Umsetzung des eigenen Lebensstils (intrinsische Motivation) wichtiger als eine monetäre (extrinsische) Motivation.
„Ich suche eine Tätigkeit, die mir Spaß macht, einen Sinn hat und nachhaltig ist“. Diese Aussage höre ich sehr oft. Aktuelles Thema ist im Moment natürlich auch eine coronabedingte Unzufriedenheit und Angst. Wie geht es weiter mit meinem Job, meinem Unternehmen und der Branche, in der ich arbeite? Bin ich bezwungen, die Firma oder sogar die Branche zu wechseln?
Woher weiß man, dass es Zeit ist den Job zu wechseln, um sich neuen Herausforderungen zu stellen?
Doris Deichselberger: Wenn die Unzufriedenheit des Beschäftigten dauerhaft die positiven Kriterien überwiegt und der Mitarbeiter (m/w/d) trotz mehrerer Veränderungsbemühungen im Unternehmen diese negativen Aspekte nicht verändern kann und sich im worst case diese Unzufriedenheit auf das Privatleben auswirkt. Dann empfehle ich über einen Wechsel nachzudenken. Signale wie ständiges ausgebrannt sein (Burnout) sind zudem eindeutige Zeichen, die man nicht ausblenden sollte.
Viele Beschäftigte über 35 haben Hemmungen sich neu zu orientieren. Kann man im fortgeschrittenen Alter noch adäquat Karriere machen?
Doris Deichselberger: Ganz klar: JA.
Selbstverständlich kann man sich mit über 35 noch verändern und Karriere machen. Sehr viele meiner Kunden sind über 35. In diesem Alter haben sie die ersten Erfahrungen im Beruf hinter sich und können beurteilen, ob diese Tätigkeit auch tatsächlich zu Ihnen passt oder ob Sie sich vielleicht in eine andere Richtung entwickeln möchten.
Erfahrungsgemäß ist Karriere planbar und hängt hauptsächlich von zielführenden Strategien, der eigenen Kompetenz sowie der persönlichen Leidenschaft und Motivation ab, weniger vom Alter.
Ein Neuanfang ist immer schwer. Wie kann man mentale Hürden der Neuorientierung überwinden?
Doris Deichselberger: Ein Neuanfang muss nicht unbedingt schwer sein. Der Wunsch nach beruflicher Neuorientierung bietet nicht nur Hürden, sondern vor allem auch Chancen. Ich erlebe sehr oft, dass meine Kunden sich auf die neue Herausforderung freuen und mit Begeisterung und Leidenschaft in die neue (lange ersehnte) Aufgabe einsteigen. Oft ist natürlich auch eine Prise Unsicherheit dabei, da der Weg noch neu ist. Individuell, je nach Kunden, ist diese mentale Hürde unterschiedlich groß.
Zur Überwindung dieser Hindernisse und erfolgreichen Umsetzung des Neuanfangs empfehle ich, sich von einem qualifizierten Coach oder Berater mental unterstützen zu lassen. Dabei erhalten Sie ein kompetentes und professionelles Feedback und verringern dadurch das Risiko, Fehlentscheidungen zu treffen und wichtige Aspekte beim Berufswechsel zu übersehen.
Was muss man also tun, damit eine berufliche Neuorientierung gelingt?
Doris Deichselberger: Überlegen Sie sich bereits vor (!) der beruflichen Neuorientierung, welche Stärken und Schwächen Sie haben. Was macht Ihnen konkret Spaß? Wo sehen Sie sich in z. B. 5 Jahren? Entscheiden Sie danach, welche Art der beruflichen Neuorientierung tatsächlich zu Ihnen passt, d.h. Tätigkeit, Branche und Unternehmen, ob Sie über die hierfür notwendigen Kompetenzen verfügen und welche konkreten Schritte für den Wechsel notwendig sind.
Was raten Sie Beschäftigten, die mit dem Gedanken spielen, den Beruf zu wechseln?
Doris Deichselberger: Gehen Sie die Schritte und Überlegungen zur Veränderung ihrer beruflichen Tätigkeit fundiert an. Dies läuft in der Regel in folgenden Schritten ab:
• Klärung, was konkret den Gedanken ausgelöst hat, den Beruf zu wechseln. Was gefällt mir im aktuellen Beruf nicht? Was fehlt mir? Welche Stärken habe ich, die ich in meiner aktuellen Tätigkeit nicht umsetzen kann? Wo sehe ich mich in z. B. fünf Jahren?
• Überlegung / Erarbeitung, in welcher neuen Tätigkeit, diese Stärken und Wünsche umgesetzt werden können.
• Konkrete Festlegung der Schritte, die für den Wechsel notwendig sind
• Umsetzung der Schritte und individuelles Eingehen auf und Beseitigung von eventuellen Hindernissen.
Für eine erfolgreiche Umorientierung empfehle ich eine professionelle und fundierte Prozessbegleitung, die mit einem neutralen Blick bei der Umsetzung der Schritte unterstützt und eventuelle Hindernisse gemeinsam im Coaching oder der Beratung löst.