Coaching wird immer teurer – zu Recht?

Interview mit Markus Czerner
In der Welt des Coaching steigen die Honorare immer weiter an. Doch nicht etwa wegen aktuellen politischen oder wirtschaftlichen Situationen. Die Coaches reagieren hiermit auf die stetig steigende Nachfrage. Diese wächst aufgrund der scheinbar wachsenden Zahl von Menschen, die unzufrieden mit sich selbst oder ihrer beruflichen Situation sind. Doch ist der Preisanstieg gerechtfertigt? Und hat sich hierdurch die Wahrnehmung der Menschen auf den Berufsstand verändert? Markus Czerner ist Speaker, Coach und Autor aus Mönchengladbach und er klärt uns auf.

Welche Gründe liegen Ihrer Meinung nach hinter dem Anstieg der Coaching-Honorare in den letzten Jahren? Gibt es bestimmte Faktoren oder Trends, die diesen Anstieg erklären können?

Ja – wie auf allen Märkten wird der Preis durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Die Nachfrage nach Coachings ist in den letzten Jahren stark gestiegen, auf der anderen Seite dann eben auch der Preis. Zudem haben Unternehmen und Einzelpersonen vermehrt gemerkt, dass ein Coaching manchmal der Schlüssel zum Erfolg ist. Das wissen eben auch die Coaches und verlangen somit höhere Honorare. Bezahlt wird hier nicht nur das Coaching an sich, sondern auch die darin enthaltenden Lösungsstrategien. Trends gibt es tatsächlich im Markt der Persönlichkeitsentwicklung. Immer mehr Menschen sind unzufrieden mit ihrem Leben und erhoffen sich durch ein Coaching Besserung.

Wie wirkt sich der gestiegene finanzielle Wert von Coaching auf die Wahrnehmung und Anerkennung des Coaching-Berufs aus? Hat sich das Ansehen von Coaches durch die höheren Honorare verändert?

Nein, leider nicht. Ganz im Gegenteil. Der Anstieg der Honorare hat auch eine Schattenseite: immer mehr „Möchtegern-Coaches“ betreten den Markt, in der Hoffnung, hier das schnelle Geld verdienen zu können. Es gibt zahlreiche schwarze Schafe am Markt, die diesen wiederum ein stückweit zerstören. Das sorgt generell für Skepsis Coaches gegenüber, denn niemand weiß vor einem Coaching, ob der Coach wirklich so gut ist, wie er sagt und somit das Geld wert ist.

Gibt es spezifische Bereiche oder Nischen im Coaching-Markt, in denen der Honorar-Anstieg besonders deutlich spürbar ist? Welche Branchen oder Kundensegmente sind von dieser Entwicklung betroffen?

Meiner Beobachtung nach sind es die Märkte „Persönlichkeitsentwicklung“ und „Online-Marketing“. In beiden Coaching-Märkten erhoffen sich Unternehmen und Selbstständige sichtbaren Erfolg. Mittlerweile haben auch große Konzerne verstanden, dass die Entwicklung der Mitarbeitenden entscheidend für den Unternehmenserfolg ist. Daher sind hier Nachfrage und somit auch der Preis extrem gestiegen. Das gilt aber auch für aktuelle Themen wie Social Media Marketing, aber auch Themen rund um die KI. Die Entwicklungen sind so rasant, dass Unternehmen auch Coachings zurückgreifen (müssen).

Wie reagieren die Klienten auf die gestiegenen Honorare? Haben sich deren Erwartungen oder Ansprüche an den Coaching-Prozess verändert?

Hier gilt es zwei Gruppierungen von Klienten zu unterscheiden: erstens Klienten, welche die immaterielle Wertigkeit und den Mehrwert eines Coachings zu schätzen wissen. Diese sehen ein Coaching als Investment und sind größtenteils bereit, die hohen Honorare zu bezahlen. Diese Zielgruppe ist zumeist sehr gebildet, recherchiert aber auch über den Coach, ob die Expertise den hohen Preis rechtfertigt.

Zweitens Klienten, die sich durch ein Coaching schnelle Erfolge erhoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun. Diese haben den Sinn eines Coachings nicht verstanden und empfinden die hohen Honorare als irrwitzig. Hier fehlt die Phantasie, welchen Wert Lösungs- und Umsetzungsstrategien langfristig für ein Unternehmen oder einen selbst besitzen.

Die Erwartungen haben sich nicht verändert. Es gibt nach wie vor das Klientel, das der Meinung ist, ein Coach übernimmt die Arbeit für sie und eben das Klientel, das ein Problem oder Defizit hat und sich entsprechend Unterstützung holt.

Welche Auswirkungen hat der Anstieg der Coaching-Honorare auf die Ausbildung und Zertifizierung von Coaches? Wird der finanzielle Wert von Coaching auch in der Ausbildungslandschaft berücksichtigt?

Leider nein. Der Coaching-Markt hat keine Eintrittsbarrieren. Der Job als Coach ist daher auch kein Ausbildungsberuf. Jeder kann ohne jegliche Qualifikation Coach werden und sich eben auch so nennen. Deswegen gibt es ja zahlreiche schwarze Schafe am Markt, die der Branche nicht guttun. Wer als Coach wirklich erfolgreich werden möchte und darin ein Business sieht, der legt jedoch Wert auf eine vernünftige Ausbildung und Zertifizierung. Aber auch hier muss gesagt werden, dass Zertifizierungen mit Vorsicht zu genießen sind, denn: viele Zertifikate gibt es nicht aufgrund starker Referenzen, hoher Qualität oder Ähnlichem, sondern gegen Geld. Sprich: Coaches bezahlen hohe Beträge, um eine Zertifizierung zu erhalten, die sie wiederum für ihr Marketing einsetzen können. Das ist mittlerweile ein regelrechts Geschäftsmodell geworden. Daher ist es für erfahrene Coaches mit zahlreichen Zertifizierungen oftmals schwer, einen höheren Preis zu rechtfertigen, weil so gut wie jeder Coach irgendwelche Zertifizierungen hat. Leider ist der Zertifizierungsmarkt völlig übersättigt.

Herr Czerner, vielen Dank für das Interview.

Interview teilen: 

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp
No related posts found for the provided ACF field.

Zum Expertenprofil von Markus Czerner

Markus Czerner

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter diesem Link:

Weitere Interviews

die neusten BTK Videos