Beschäftigte stehen häufig vor einem beruflichen Scheideweg und wissen nicht wohin. Der Begriff ist zwar allgemein bekannt, aber was versteht man unter einer Karriereberatung?
Angelika Teske-Letzsch: Aus unserer Sicht beschreibt Karriereberatung einen Prozess, der auf den bisherigen beruflichen Qualifikationen einer Person aufbaut. Menschen werden darin unterstützt, sich beruflich weiter zu qualifizieren, um „aufzusteigen“ und einen höheren und besser dotieren neuen Arbeitsplatz zu erlangen. Daraus wird deutlich, dass Karriereberatung häufig mit einem Aufsteigen auf einer Karriereleiter verbunden ist. Karriere ist, wie sich im Begriff Karriereleiter ausdrückt, häufig mit Aufstieg verbunden. Wir, als Laufbahnberaterinnen, engen den Begriff der Karriere nicht auf „höher, schneller, weiter“ ein, sondern haben einen ganzheitlicheren Blick auf berufliche Entwicklung. Das bedeutet, dass berufliche Entscheidungen immer unter Berücksichtigung aller Lebensbereiche getroffen werden müssen. Damit sehen wir uns in der Schweizer Tradition, die berufliche Laufbahn als beratungswürdig zu betrachten.
Inwiefern unterscheiden sich also Karrierecoaching, Karriereberatung und Berufsberatung?
Vera Pilkuhn: Karrierecoaching ist im Allgemeinen ein eher ergebnisoffen gestalteter Prozess, der Hilfe zur Selbsthilfe anbietet. Berufsberatung informiert und berät Menschen zu Berufen und beruflichen Abschlüssen in Bezug auf die dazu notwendigen Qualifikationen und die persönlichen Voraussetzungen. Wir sprechen von Laufbahnberatung und meinen damit einen strukturierten Prozess, der methodisch so aufgebaut ist, dass er Kund*innen in die Lage versetzt, an jeder Stelle der beruflichen Entwicklung persönlich stimmige Ziele zu formulieren und Entscheidungen zu treffen. Das gilt sowohl für Menschen, die in ihre berufliche Laufbahn einsteigen oder Arbeitnehmer*innen, die sich beruflich verändern müssen oder wollen, als auch für Menschen in der nachberuflichen Phase. Der Prozess ist inhaltlich grundsätzlich ergebnisoffen hat aber immer das Ziel, die Selbstwirksamkeit der Kund*innen zu stärken.
Nun braucht nicht jeder, der vor einer beruflichen Entscheidung steht, eine Laufbahnberatung. Für wen ist eine Beratung geeignet und was bekommt der/die Ratsuchende im Beratungsangebot an Information?
Angelika Teske-Letzsch: Der Arbeitsmarkt in der VUCA-Welt erfordert von Arbeitnehmer*innen Flexibilität und Selbstführungskompetenz. Dazu ist es wichtig, ein hohes Maß an Selbstwahrnehmung zu haben, sich der eigenen Stärken, Interessen und Werte bewusst zu sein und sich im Einklang mit diesen auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren. Für alle, die sich für diesen Prozess eine/n professionelle/n Sparrings-Partner*in wünschen bzw. gönnen, ist die Laufbahnberatung geeignet.
Wie ernst zu nehmen sind Laufbahnberatungen? Sind sie wirklich ein Sprungbrett in die Karriere oder nur simple Geldschneiderei?
Vera Pilkuhn: Stellen Sie sich vor, welche gesundheitlichen, psychischen und materiellen Kosten entstehen, ein Studium bzw. eine Ausbildung abzubrechen, jahrelang im falschen Job zu sein oder keinen neuen Job zu finden. Insofern ist Laufbahnberatung immer ein Sprungbrett, z. B. für einen beruflichen Aufstieg, für ein zu den Lebensumständen passenden Job oder allgemein gesprochen eine zufriedenstellende Berufssituation.
Mit welchen Kosten müssen Interessenten rechnen und wie finden sie ein seriöses Beratungsangebot?
Angelika Teske-Letzsch: Die Prozesse können ein bis zehn Stunden dauern und je nach Wohnort und Region unterscheiden sich die Kosten. Wenn man nach seriösen Angeboten sucht, sollte man darauf achten, dass Beratende in größeren fachlichen Zusammenhängen vernetzt sind.