Sebastian Blaumeiser: Kunden neigen dazu Risiken falsch einzschätzen

Interview mit Sebastian Blaumeiser
Sebastian Blaumeiser ist Mitinhaber der Blaumeiser Consulting GmbH in Köln. Mit ihm sprechen wir über Anstieg der Bauzinsen, steigende Immobilienpreise sowie monatliche Ratenbelastungen.

Eine Analyse des Kreditvermittlers Interhyp deutet daraufhin, dass die Bauzinsen auf durchschnittlich 1% gestiegen sind. Welche Entwicklung stellen im Tagesgeschäft fest?

Sebastian Blaumeiser: Die Bauzinsen sind im letzten Quartal leicht angestiegen. Wir sprechen hier von im Schnitt ca. 20- 40 Basispunkten. Wobei dies täglich etwas schwankt. Dies betrifft die Geschäftsbanken sowie Volks-/ Raiffeisenbanken und Sparkassen. Auch die KfW hat ihre Zinssätze zum Beispiel beim 124 Wohneigentumsprogramm schrittweise von 0,73% auf derzeit 1,19% erhöht. Je nach Konstellation des individuellen Falles sind aber noch immer Finanzierungen von unter einem Prozent möglich, es wird aber seltener.

Angenommen der Bauzins steigt tatsächlich: Welche Auswirkungen oder sogar Risiken entstehen für angehende Immobilienbesitzer?

Sebastian Blaumeiser: Nicht nur die steigenden Zinsen sorgen für wachsende Risiken bei angehenden Immobilienbesitzern, sondern auch die weiterhin steigenden Immobilienpreise. Dies in Kombination führt zu steigenden monatlichen Ratenbelastungen.  Viele Kunden neigen dazu, das Risiko falsch einzuschätzen und sich finanziell zu übernehmen. Oftmals wird auch eine zu kurze Zinsbindung vereinbart. Hier liegt es in der Verantwortung der Finanzierungsvermittler, die Kunden entsprechend zu beraten und auch manchmal vom Kauf abzuraten.

Viele Experten schätzen, dass die Inflation steigt. Gibt es einen Zusammenhang mit den Bauzinsen?

Sebastian Blaumeiser: Die Banken orientieren sich bei der Ermittlung ihrer Bauzinsen an mehreren Faktoren. Hierzu gehört auch die Inflation. Steigt die Inflation weiter, hat dies zum Teil auch Auswirkungen auf die Bauzinsen. Auch wenn den Banken Immobilien als Sicherheiten dienen.

Von welchen weiteren Faktoren ist der Bauzins-Anstieg noch abhängig? Wohin geht der Trend?

Sebastian Blaumeiser: Ein sehr wichtiger Faktor ist der Leitzins der EZB. Eine Erhöhung des Leitzinses hätte wahrscheinlich die direktesten Auswirkungen auf unsere Bauzinsen. Weitere Faktoren, welche die Bauzinsen beeinflussen, sind Schwankungen der Staatsanleihen, die Anleihekäufe der EZB und für den einzelnen Kunden der Wettbewerb der Bankhäuser untereinander. Aufgrund der aktuell hohen Verschuldung von Ländern und Unternehmen im EU-Raum wird es unserer Meinung nach kurz- bis mittelfristig keine starken Erhöhungen des Leitzinses geben. Damit sehen wir, auch wenn sie kurzzeitig minimal ansteigen dürften, die Bauzinsen für die kommenden 3 -5 Jahre auf dem derzeit niedrigen Niveau stagnieren.

Immobilienpreise steigen insbesondere in den Großstädten und gleichzeitig steigen die Bauzinsen. Werden sich in Zukunft immer weniger Menschen ein Eigenheim leisten können?

Sebastian Blaumeiser: Wie bereits beschrieben, steigt das Risiko aufgrund der steigenden Zinsen und Immobilienpreise, da dies natürlich Auswirkungen auf die zu zahlende monatliche Rate hat. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Objekte, welche immer teurer verkauft werden, nicht mehr den entsprechenden Beleihungswert haben. Das kann bei ggf. anfallenden Marktänderungen Probleme bei anstehenden Anschlussfinanzierungen geben.

Da auch die Einkommen nicht so exorbitant gestiegen sind wie die Immobilienpreise, wird es für viele Menschen deutlich schwieriger, Eigenheim zu erwerben.

Herr Blaumeiser, vielen Dank für das Gespräch!

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