Immobilienexperte: Es wird in Deutschland zu langsam gebaut

Interview mit Ralf Stauf
Ralf Stauf, Immobilienberater bei deinimmokäufer.de, spricht im heutigen Interview mit Dr. Manuela Diehl über die aktuelle Lage am deutschen Immobilienmarkt.

Wie bewerten Sie als Immobilienunternehmen die jüngsten Entwicklungen auf dem deutschen Immobilienmarkt, insbesondere im Hinblick auf die gestiegene Nachfrage nach Bestandsimmobilien in den Metropolen?

In den großen Metropolregionen bleiben die Immobilienpreise stabil oder steigen sogar noch. Gleiches gilt für die sogenannten Speckgürtel. Hier bleiben die Preise ebenfalls auf hohem Niveau. Hier sind die Immobilien in der Regel aber günstiger als in den Großstädten. Dagegen sollten die Preise in ländlichen und strukturschwachen Regionen deutlich sinken. Preisrückgänge im zweistelligen Prozentbereich sind möglich. Günstiger werden auch Bestandsimmobilien mit einem hohen Sanierungsbedarf oder einer schlechten Energiebilanz. Die Nachfrage nach solchen Immobilien sinkt und somit auch deren Wert.

Welche Faktoren haben dazu beigetragen, dass die Kaufnachfrage für Bestandsimmobilien in den Metropolen gestiegen ist, trotz der anhaltenden Inflation und steigenden Zinsen?

Der Wunsch nach einer eigenen Immobilie ist für viele Deutsche weiterhin groß. Es wird zwar in Deutschland gebaut, aber zu langsam. Die neuen Wohnungen und Häuser reichen nicht aus, um den Bedarf nach Raum zu sättigen. Mit der Unterbrechung der Lieferwege während der Pandemie stiegen die Preise für wichtige Baustoffe. Diese Preissteigerungen wurden bisher noch nicht vollständig wieder zurückgenommen. Zudem fehlt es an Fachkräften auf deutschen Baustellen, was das Bautempo zusätzlich bremst. Nach dem Ende der Pandemie sind wieder mehr ausländische Arbeitskräfte nach Deutschland gekommen. Das treibt die Nachfrage nach Immobilien weiter nach oben. Weiterhin anhaltende Flüchtlingsströme nach Deutschland verknappen den Immobilienmarkt zusätzlich. Das treibt die Nachfrage nach Immobilien ebenfalls weiterhin nach oben. Besonders im günstigeren Preissegment. Wegen dieser Gründe bleibt die Nachfrage nach Wohneigentum weiterhin hoch. Zwar kann es wegen der steigenden Zinsen in vereinzelten Regionen zu sinkenden Immobilienpreisen kommen, jedoch insbesondere in gefragten Gegenden wie Metropolregionen wird es nicht zu einem deutlichen Preisfall kommen.

Welche Auswirkungen erwarten Sie auf die Angebotspreise für Häuser und Eigentumswohnungen angesichts der gestiegenen Nachfrage und des gleichzeitig gestiegenen Angebots?

Bis 2035 sollen Immobilien allgemein weiter an Wert gewinnen. Davon geht unter anderem auch die Postbank in ihrem Wohnatlas 2022 aus. In Ostdeutschland rechnen wir hingegen mit sinkenden Immobilienpreisen bis 2035. Ausnahmen sind dort lediglich beliebte Städte wie Berlin, Potsdam, Leipzig, Jena und Weimar.

Gibt es bestimmte Städte oder Regionen in Deutschland, in denen diese Entwicklung besonders deutlich zu spüren ist, und welche Gründe könnten dafür verantwortlich sein?

Die Nachfrage nach Immobilien in Deutschland ist weiterhin höher als das Angebot. Entsprechend werden die Immobilienpreise langfristig stabil bleiben oder sogar noch steigen. Insbesondere in besonders gefragten Gegenden wie Süddeutschland, dem Raum Hamburg und Berlin ist mit steigenden Immobilienpreisen zu rechnen. Die weiterhin hohe Nachfrage ist vor allem begründet durch ein attraktives Wirtschafts-, Lebens- sowie Arbeitsumfeld.  

Welche Empfehlungen oder Ratschläge haben Sie für Wohnungssuchende und Immobilienverkäufer angesichts dieser neuen Entwicklung auf dem Immobilienmarkt?

Obwohl wegen steigender Zinsen und Immobilienpreise Hektik fehl am Platz ist und von unüberlegten Käufen und Finanzierungen dringend abzuraten ist, sollte man dennoch nicht zu lange warten. Hat man bereits konkrete Pläne, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen oder ein Haus zu bauen, wird man in der nahen Zukunft eher keine Baufinanzierung mehr auf dem Niedrigzinsniveau der letzten Jahre erhalten. Ist der Immobilientraum noch nicht so konkret, sollte man Eigenkapital ansparen und für eine spätere Finanzierung sichern.

Vielen Dank, Herr Stauf.

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Ralf Stauf

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