Der Aufreger diese Woche in der Immobilienbranche: Hamburg verbietet Eigenheime! Hintergrund ist die Änderung der Bebauungspläne für fünf Hamburger-Stadtteile, worin Eigenheime keine Baugenehmigung mehr erhielten. Hat das Eigenheim noch eine Zukunft oder werden andere Städte folgen?
Kevin Kripp: Hamburg hat nur eine begrenzte Fläche zur Verfügung, gleichzeitig ist es eine tolle Stadt in die es immer mehr Menschen zieht. Da muss zwangsläufig die Frage aufkommen, wo man die Menschen vernünftig unterbringen möchte. Mit Mehrfamilienhäusern oder modernen Plattenbauten lässt sich der vorhandene Grund optimal nutzen, dass hier andere Städte nachziehen und in den Bebauungsplänen keine Eigenheime mehr genehmigen kann ich mir gut vorstellen. Trotzdem halte ich das Eigenheim für sinnvoll und wichtig, denn nicht jeder möchte mit anderen in einem Wohnblock wohnen. Hier sollten uns die Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung nicht genommen werden, müssen allerdings auch mit dem im Einklang stehen, was bautechnisch möglich ist.
Flächenverschwendung für zu wenig Menschen, Verschwendung von Baumaterial und eine schlechtere Energiebilanz werden von Politikern ins Feld geführt bei der Argumentation gegen Eigenheime. Wie viel politisches Kalkül und wie viel Fakten stecken in den Aussagen?
Kevin Kripp: Der ökologische Gedanke muss auch im Baugewerbe betrachtet werden und es ist unstrittig, dass Einfamilienhäuser eine schlechtere Energiebilanz aufweisen, als ein Mehrfamilienbau. Grundsätzlich das Eigenheim schlecht reden halte ich jedoch für falsch. Vielmehr geht es doch darum, den vorhandenen Raum sinnvoll zu nutzen. Wo Eigenheime gebaut werden können, sollte das auch möglich sein, in dicht besiedelten Räumen vielleicht eher die „Platte“ zum Einsatz kommen. Bei der Elektromobilität wird auch differenziert betrachtet, in der Stadt können die Menschen für den Weg zur Arbeit mittlerweile wunderbar das e-bike nutzen, auf dem Land sollte man eher auf das Auto zurückgreifen. Da wird dem Autofahrer auch nicht seine Energiebilanz vorgeworfen.
Sollte sich das neue Wohnideal der Grünen durchsetzen, hieße es rein in die sanierte Plattenbausiedlung und Ade Eigenheim. Ein realistisches Szenario?
Kevin Kripp: Grundsätzlich kann ich die Position der Grünen nachvollziehen. Ein Stück Land ist begrenzt, und wir streben ja immer nach Maximierung und Optimierung. Ein Grundstück mit einem Mehrfamilienhaus kann logischerweise mehr Menschen bedienen, als das klassische Einfamilienhaus. Ob man dafür aber jetzt den Bau von Einfamilienhäusern per se verbieten muss, oder ob ein ausgeglichener Bebauungsplan mit Wohnblöcken und Einfamilienhäusern genügt, das müssen die Politiker ausdiskutieren. Eine Stadt lebt schließlich auch von ihrer Individualität. Gibt es nur noch große Plattenbauten, kann diese Individualität schnell verloren gehen.
Wie sieht Ihrer Meinung nach das Wohnmodell der Zukunft aus in Deutschland?
Kevin Kripp: Ich bin der Meinung dass das zukünftige Wohnmodell in Deutschland maßgeblich von der Art und Weise bestimmt ist, wie wir uns als Gesellschaft weiter entwickeln. Wenn man die Coronasituation mal ausblendet und zurückdenkt an die Zeit davor dann lässt sich in den Städten schon erkennen, dass es die Menschen nach draußen treibt. Man holt sich um die Ecke sein Abendessen, oder trifft sich mit Freunden, verbringt viel Zeit draußen und weniger drin. Somit sinkt auch der Bedarf an größeren Wohnungen, kleinere Wohnungen können gebaut werden, was wiederum dem Wohnungsmangel gut tun würde. Konzepte wie der Grand Tower in Frankfurt, mit Gemeinschaftsräumen für alle Bewohner, Kräuterecken und Gemeinschaftsküchen könnte ich mir gerade für die Städte als modernes Konzept vorstellen. So könnte man dem Wohnungsbedarf in den Städten gerecht werden, aber vielleicht auf eine etwas modernere Art und Weise.
Mal angenommen, modernisierte Plattenbauwohnungen werden zum Standard. Hätte dies nicht, bezogen auf den Mietpreis, positive Auswirkungen für Bewohner?
Kevin Kripp: Theoretisch sollten sich mehr Wohnungen auch positiv auf Markt und Mieter auswirken. Wenn das Angebot da ist, in eine moderne Plattenbauwohnung ziehen zu können, muss sich die „alte“ Plattenbauwohnung dem Konkurrenzdruck stellen und ebenfalls seine Wohnungen modernisieren. Das könnte dem maroden Bild des Plattenbaus zu neuem Glanz verhelfen.