Kolumne von Andrea K. Huber, Personal Trainerin für Fitness und Mentales und Coach für Spiritual Leadership – https://andrea-huber-coaching.de/en/coaching-for-a-new-way-of-leadership/
„Künstliche Intelligenz ist entweder das Beste oder das Schlimmste, was der Menschheit passieren kann“, bringt es der britische Physiker und Astrophysiker Stephen Hawkins auf den Punkt. Und auch wenn internationale Initiativen wie der „AI Safety Summit“ darauf abzielen, ihre Gefahren so gering wie möglich zu halten, tut sich derzeit eine schädliche Lücke zwischen Führungskräften und Mitarbeitern auf, wenn es um KI im Arbeitsalltag geht. Spiritual Leadership füllt diese Lücke. Es sorgt sowohl für ein hohes Engagement der Fachkräfte als auch für eine steigende Produktivität. Hinzu kommen persönliches Wohlbefinden aller Beteiligten sowie eine starke Unternehmensbindung. Doch wie kommt es zur eingangs erwähnten Diskrepanz? Der Hintergrund:
Die erwartete Produktivitätssteigerung durch generative Technologien der Künstlichen Intelligenz wie ChatGPT ist gigantisch und verspricht den Verantwortlichen in Medizin, Forschung, Wirtschaft oder Mobilität jährlich 2,6 bis 4,4 Billionen US-Dollar. Das sind die Zahlen, die auf einer aktuellen Studie des McKinsey Global Institute basieren. Kein Wunder, dass sich fast zwei Drittel der befragten Führungskräfte aus Wirtschaft und Technologie von GenAI begeistert zeigen.
Die Begeisterung über den zu erwartenden Produktivitätsgewinn hindert Manager jedoch offenbar daran, die Bedenken ihrer Team-Mitglieder zu erkennen: Mehr als die Hälfte der Beschäftigten, 58 Prozent, haben Angst, durch GenAI ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Ganze 60 Prozent fürchten Stress und Burnout. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Accenture-Studie. Sie zeigt aber auch, dass nur 29 Prozent der Vorstände davon ausgehen, dass ihre Mitarbeiter Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes haben. Weiter sehen nur 37 Prozent der CXOs Stress und Burnout durch KI als mögliches Problem, so die Erhebung.
Dieser Mangel an Bewusstsein könnte Unternehmen teuer zu stehen kommen, denn chronische Angst wirkt sich negativ auf den Menschen aus. Das bei Langzeitstress ausgeschüttete Cortisol führt beispielsweise zu Konzentrationsproblemen, Vergesslichkeit und verminderter körperlicher Leistungsfähigkeit. Hinzu kommen Herzkrankheiten. Sogar Bereiche des Gehirns schrumpfen bei Langzeitstress. Derartige Auswirkungen bedeuten ein K.O.-Kriterium für die Kreativität der Mitarbeiter. Dabei war Kreativität noch nie so wertvoll und notwendig wie heute. Die Kunst, Bestehendes zu hinterfragen und die Grenzen der eigenen Vorstellungskraft zu erweitern, wird umso wichtiger, je digitaler die Welt wird.
Spiritual Leader können diese Situation nicht nur vermeiden, sondern auch zum Vorteil aller gestalten. Sie geben den Team-Mitgliedern Sicherheit, damit außergewöhnliche Ideen entwickelt werden können. Was auch immer Spiritualität für den Einzelnen bedeutet, ihr Kern ist immer die Verbindung. „Komm an den Rand“, sagte er. „Das ist zu hoch“, sagten sie. „Kommt an den Rand“, sagte er. „Wir werden fallen“, sagten sie. „Kommt an den Rand“, sagte er. Und sie taten es. Und er stieß sie. Und sie flogen. Dieses Zitat von Christopher Logue bringt spirituelle Führung auf den Punkt: Führungskräfte, die tief mit dem Team verbunden sind und eine Atmosphäre des Vertrauens erschaffen, verleihen ihren Mitarbeitern Flügel, die sie sicher durch herausfordernde Zeiten und Umwälzungen tragen, wie sie durch GenAI entstehen.
Wenn Führungskräfte es verstehen, verborgene Bedürfnisse aufzudecken und zu befriedigen, verschwindet der Stress, und nachhaltiger Erfolg ist garantiert. Die Mitarbeiter beginnen, in Möglichkeiten zu denken, was ebenfalls Teil der Spiritualität ist.
Die positiven Auswirkungen auf Kundengespräche, auf die Ausführung der Arbeit, auf Team-Performance und letztlich auf Umsatz und Gewinn sind enorm. Es entsteht ein Dominoeffekt, bei dem auch für die Führungskraft der Druck nachlässt und mehr Zeit und Energie für die eigene Lebensqualität übrigbleibt.
Doch welche Bedürfnisse lassen sich unterscheiden? Wie Studien zeigen, haben Menschen vier grundlegende Bedürfnisse: Einfluss und Durchsetzung, Harmonie und Sicherheit, Stabilität und Ordnung sowie Leichtigkeit und Inspiration. So erfüllt es uns, mit unserem Handeln etwas zu bewirken, Sinn und Selbstwirksamkeit zu erfahren und unseren Zielen näher zu kommen. Gleichzeitig streben wir nach Verbindung mit anderen, nach Zugehörigkeit und empfinden dabei in unterschiedlichem Maße Liebe. Verlässlichkeit und Sicherheit wiederum bilden die Grundlage für unser persönliches Wachstum und sorgen dafür, dass wir uns in unserem Umfeld angstfrei entwickeln können. Ist dieses Bedürfnis befriedigt, können wir uns mit Freude und Interesse neuen Dingen widmen. Wir beteiligen uns mit Begeisterung an innovativen Projekten.
Die erfüllende Aufgabe eine Spiritual Leaders besteht nun darin, das Bewusstsein zu schärfen – für die eigenen Bedürfnisse und die der Team-Mitglieder – und Missstände entsprechend auszugleichen. Wenn das Gleichgewicht stimmt, sind die Mitarbeiter fokussiert und gehen mit Energie und Freude an die Arbeit.
Eines der mächtigsten Werkzeuge beim Spiritual Leadership ist der achtsame Umgang mit Sprache. Dies sorgt für gegenseitiges Vertrauen und lässt den Team-Geist aufblühen. Während wir zum Beispiel traditionell von „Veränderungsmanagement“ sprechen, wissen Spiritual Leader um die Macht, stattdessen von „Entscheidungsmanagement“ zu sprechen.
„Niemand mag Veränderungen, außer nasse Babys“. Das Bekannte gibt uns ein Gefühl von Vertrautheit und Sicherheit. Veränderungen können schwierig, herausfordernd und beängstigend sein, da sie oft bedeuten, dass man aus seiner Komfortzone heraustritt und sich der Unsicherheit stellt. Vielleicht haben wir in der Vergangenheit auch schlechte Erfahrungen gemacht, wenn „die da oben“ über uns entschieden haben, wenn wir mit willkürlichen Entscheidungen konfrontiert wurden und uns nicht gesehen, gehört oder verstanden fühlten. Deshalb hat Change-Management oft einen sehr negativen Beigeschmack.
Entscheidung hingegen umfasst den Akt der Auswahl, der bewussten Wahl zwischen mehreren Alternativen. Sie gibt uns unsere Macht und Kontrolle zurück und gleichzeitig die Möglichkeit, selbstbestimmt zwischen zwei oder mehr Optionen zu wählen. Für Führungskräfte, die mit ihren Team-Mitgliedern über Entscheidungsmanagement sprechen, ergeben sich zwei Effekte: Sie verinnerlichen ihrerseits ein Mindset der Selbstwirksamkeit und handeln so aus innerer Überzeugung. Die Mitarbeiter nehmen wiederum die Authentizität wahr und erhalten die Orientierung, die sie brauchen, um Unsicherheiten zu überwinden. Vertrauen und Zuversicht machen sich breit. Wenn Führungskräfte darüber hinaus die Entscheidung des Unternehmens beispielsweise für GenAI als eine proaktive Entscheidung aufgrund der zu erwartenden Chancen und Vorteile kommunizieren, untermauern sie die starke Position des Unternehmens, das nicht nur den aktuellen Umständen folgt. Für einen starken Arbeitgeber engagieren sich Menschen, sie nehmen neue Situationen williger an, entwickeln mehr Ausdauer und setzen sich ehrgeizige Ziele. Spiritual Leader fungieren als Leuchtturm, navigieren die Belegschaft sicher durch unbekannte Gefilde und sichern so die Rentabilität von Technologien wie KI.