Transformation von Immobilienbeständen – Unterschätzter Erfolgsfaktor oder übersehene Herausforderung?

Transformation von Immobilienbeständen – Unterschätzter Erfolgsfaktor oder übersehene Herausforderung?

Während Investoren, Banken und Regierungen immer mehr Wert auf zukunftsfähige und nachhaltige Projekte legen, scheinen viele Projektentwickler ESG konforme Produkte, gerade bei Immobilienprojektentwicklungen im Bestand, derzeit eher zu vernachlässigen. In der aktuellen Marktlage, die von Unsicherheit, steigenden Baukosten und veränderten Nachfrageprofilen geprägt ist, wird die Bedeutung der Anpassung von Gebäuden an den neuen Vergleichsmaßstab „CO2-Potential“ oft unterschätzt – mit potenziell fatalen Folgen.

In der Praxis der Entwicklung von Immobilienbeständen wird das Thema ESG oft noch stiefmütterlich behandelt. Die Gründe hierfür sind: Zeitmangel, fehlendes Wissen und schlichtweg mangelndes Bewusstsein für Chancen durch ökonomisch sinnhafte Dekarbonisierung. Stattdessen dominieren Bedenken, dass die Transformation nach den Vorgaben der EU-Taxonomie kaum umsetzbar sei und der wirtschaftliche Mehrwert zu gering erscheint. Doch hier liegt der Trugschluss: Wer seine Portfolien oder Objekte nicht rechtzeitig transformiert, riskiert den Zugang zu Kapital und Märkten.

Schon jetzt haben Projektentwickler Schwierigkeiten, Projekte profitabel abzuwickeln, die in Zeiten niedriger Zinsen gekauft wurden. In Zukunft werden Banken bessere Konditionen nur an diejenigen weitergeben, die auf nachhaltige Sanierung und Transformation setzen. Auch institutionelle Investoren werden immer häufiger Projekte aussortieren, die nicht den ESG-Kriterien entsprechen. Die neue Währung dabei: der CO2– Fußabdruck.

Zudem verschärft Deutschland seine energetischen Anforderungen an den Bestand kontinuierlich. Ignoriert man diese Anforderungen, drohen direkte oder indirekte Strafzahlungen und teils teure Nachrüstungen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass auch in Deutschland – wie in anderen Ländern in Europa schon geltende Praxis – Vorschriften kommen, die den Betrieb besonders ineffizienter Gebäude untersagen. Schon heute sehen wir, dass Behörden in der Bestandsentwicklung eher eine Sanierung oder Nutzungsänderung im Bestand bevorzugen, statt einen Abriss zu genehmigen. Die grauen Emissionen beim Neubau sind schlicht zu hoch.

Ein Einfaches „Weiter so“ reicht also nicht. Es mag sein, dass Transformation komplex und teuer erscheint. In einer Welt, in der durch Klimawandel und Regulierungen die Investoren und Mieter dazu gedrängt werden, immer stärker auf Nachhaltigkeit zu achten, können es sich Projektentwickler nicht leisten, diesen Wandel zu ignorieren. Vielmehr ist es notwendig den Unsicherheiten bezüglich der Zukunftsfähigkeit der Immobilien zu begegnen, indem Nachhaltigkeitsrisiken bemessen und somit greifbar gemacht werden.

Die Frage ist nicht, ob die Transformation notwendig ist, sondern ob man es sich leisten kann, zu spät ESG-Kriterien in Einklang mit Wirtschaftlichkeit anzugehen. Bestandsimmobilien, die heute zukunftsfähig gemacht werden, bieten nicht nur wirtschaftliches Potenzial, sondern sichern auch den Zugang zu Kapital und Märkten – und damit langfristig den Erfolg auf einem sich schnell wandelnden Markt.

Autor:

Robert Meinel-Gauf, Senior Consultant Real Estate

Dr. Simon + Savas Ingenieurgesellschaft mbH

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