Leib- und Zeitrente: Wie genau funktioniert diese Rentenstrategie?
Thomas Sanden: Die Eigentümer einer Immobilie, die zukünftigen Rentenempfänger, verkaufen ihr Haus oder ihre Wohnung an den Anbieter eines Rentenmodells. Der Kaufpreis wird jedoch nicht in einer Summe ausbezahlt, stattdessen erhalten die bisherigen Eigentümer bis zu ihrem Lebensende oder für eine gewisse Zeit (=Zeitrente) eine monatliche Rentenzahlung. Individuell kann auch eine Einmalzahlung oder eine Kombination aus Rente und Einmalzahlung vereinbart werden. Außerdem haben die früheren Eigentümer das Recht, die Immobilie lebenslang zu bewohnen, ggf. auch zu vermieten, und das in aller Regel, ohne für Instandhaltungsmaßnahmen aufkommen zu müssen. Rente und Wohnrecht bzw. Nießbrauchrecht werden als Bestandteil des Kaufvertrags durch einen Notar beurkundet und im Grundbuch an erster Rangstelle verankert.
Für wen ist die Verrentung einer Immobilie ein gutes Konzept?
Thomas Sanden: Am Anfang steht der Wunsch nach einem Ruhestand in der gewohnten, liebgewonnenen Umgebung des eigenen Hauses oder der eigenen Wohnung. Wenn aber die normale Altersrente einerseits nur gering ausfällt, andererseits vergleichsweise hohe Kosten für Gesundheit und Pflege absehbar sind, teure Renovierungs- oder Sanierungsarbeiten ins Haus stehen oder man sich einfach etwas mehr leisten möchte, als die Altersrente allein ermöglichen würde, dazu vielleicht auch keine Erben vorhanden sind, dann kann die Verrentung der eigenen Immobilie eine gute Lösung sein. Eine Immobilien-Rente bringt zusätzliche monatliche Einnahmen und sichert gleichzeitig den Ruhestand in der vertrauten Umgebung. Vertraglich kann auf ganz individuelle Bedürfnisse eingegangen werden. Möglicherweise ist die Immobilie noch mit einer Restschuld belastet und die Verkäufer benötigen neben den monatlichen Zahlungen zusätzlich einen Einmalbetrag zur Ablösung des Kredits. Auch das kann vereinbart werden.
Nach welchen Kriterien wird hierbei die Rente bzw. der Kaufpreis für eine Immobilie berechnet?
Thomas Sanden: Wie hoch die Rentenzahlung ausfällt, ist vor allem vom Wert des Hauses oder der Wohnung abhängig. Maßgeblich bestimmen zudem Alter und Geschlecht der Eigentümer die Rentenhöhe. Grundsätzlich gilt: Je älter die Verkäufer zu Vertragsbeginn sind, desto höher sind die zusätzlichen monatlichen Einnahmen aus der Immobilienverrentung. Konkret fließen in die Berechnung ein der Verkehrswert der Immobilie, der Wert des mietfreien, lebenslangen Wohnrechts, die voraussichtlichen Kosten der Immobilienbewirtschaftung sowie die Ablösung bestehender Grundschulden oder eine Einmalzahlung zur freien Verfügung des Verkäufers.
Was kann man unter der Option des Teilverkaufs verstehen?
Thomas Sanden: Bei einem Teilverkauf wird nicht die gesamte Immobilie verkauft, sondern nur ein Teil, maximal die Hälfte. Den Kaufpreis erhält der Verkäufer als Einmalzahlung. Für den verkauften Teil der Immobilie wird dem Verkäufer ein Nießbrauchrecht gewährt, für das er ein monatliches Nutzungsentgelt zu zahlen hat. Die Höhe des Nutzungsentgelts ist abhängig von der Höhe der Einmalzahlung und der Laufzeit des Vertrages. In der Regel beteiligt sich der Käufer bei diesem Modell nicht an den laufenden Kosten der Instandhaltung.
Was passiert beim Rückmietverkauf mit der Immobilie und deren Wert?
Thomas Sanden: Hier wird die Immobilie an einen Investor verkauft und anschließend zurückgemietet. Für den Investor ist die Immobilie ein Renditeobjekt, das heißt, der Verkehrswert der Immobilie, der zur Auszahlung kommt, wird im Wesentlichen vom Ertragswert und nicht vom Sachwert bestimmt. Dieser Kaufpreis, der sofort und in voller Höhe ausgezahlt wird, ist also abhängig von der Höhe der Mietzahlungen, die der ehemalige Eigentümer im Anschluss an den Investor leistet. Je höher die vereinbarte Miete, desto höher der Kaufpreis. Ist die Miete gering, so ist auch der Kaufpreis gering.
Mehr finanzielle Freiheit wäre für viele wünschenswert bzw. notwendig in der heutigen Rentensituation. Welche Fallstricke müssen von Interessenten beachtet werden?
Thomas Sanden: Eigentümer, die sich für eines der vorgenannten Modelle interessieren, mit denen man das in der eigenen Immobilie gebundene Kapital freisetzen kann, ohne ausziehen zu müssen, sollten sich immer vergegenwärtigen, dass die Anbieter derartiger Modelle verständlicherweise Geld verdienen wollen. Das führt aber zu der Erkenntnis, dass die Verrentung einer Immobilie einschließlich all ihrer Spielarten rein wirtschaftlich betrachtet mit Einbußen gegenüber einem normalen, freihändigen Verkauf am Markt verbunden ist. Die von den Anbietern angestrebte Rendite lässt sich allein über Veräußerungsgewinne, die nach Ende der Vertragslaufzeit möglicherweise realisiert werden können, nicht erwirtschaften. Außerdem sollten sich Interessenten fragen, ob ihr Zuhause tatsächlich auf Dauer altersgerecht ist. Ausgaben für rollstuhlgerechte Barrierefreiheit, einen teuren Treppenlift, die regelmäßige Gartenpflege durch Dritte oder eine Haushaltshilfe für die ursprünglich familiengerechte, im Alter aber zu groß gewordene Wohnung können den erworbenen finanziellen Spielraum schnell wieder einengen. Fallstricke können auch in der Vertragsgestaltung liegen. Zum Beispiel sollte der Anbieter eines Rentenmodells sich mit einem entsprechenden Eintrag in das Grundbuch vertraglich verpflichten, die erworbene Immobilie nicht weiterzuverkaufen. Die Ansprüche der Verkäufer auf die Rente und das Wohnrecht bzw. den Nießbrauch gehören im Grundbuch an die erste Rangstelle. Für den Fall, dass der Käufer mit der Rente in Zahlungsverzug gerät und der Vertrag rückabgewickelt werden muss, ist der Rückübertragungsanspruch der Verkäufer mit einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch abzusichern. Außerdem sollte der Käufer die Weiterzahlung der Rente an die Erben oder andere Begünstigte zumindest für eine gewisse Zeit garantieren, falls die Verkäufer unerwartet früh versterben sollten. Beim Rückmietverkauf ist zu beachten, dass nach Verkauf der Immobilie in der Vertragsbeziehung mit dem Käufer Mietrecht gilt. Angesichts der auf Dauer angelegten Verträge müssen Interessenten bei der Auswahl ihres Vertragspartners allergrößte Sorgfalt walten lassen. Dabei kommt es entscheidend auf die Eigenkapitalausstattung des Modellanbieters an. Der Vertragspartner sollte unbedingt ein etablierter Marktteilnehmer mit umfangreichen, von Interessenten leicht verifizierbaren Referenzen sein. Sonst steht am Ende vielleicht doch der freihändige Verkauf der Immobilie am Markt, dann aber unter erschwerten Bedingungen.