Heute für morgen vorsorgen!

Interview mit Sascha Knapp
Wir sprechen mit Diplom-Ökonom und Inhaber von SK Finance Consulting Sascha Knapp über die Anlageberatung zur privaten Altersvorsorge. Als unabhängiger Vermögensberater berichtet er uns über die Merkmale eines guten Anlageberaters, die wirklich lohnenden Anlageprodukte und die wachsenden Ansprüche nach einer kompetenten Beratung.

Das Motto lautet „Echte Anlageberatung“. Was verstehen Sie konkret darunter?

Aus meiner Sicht wird in diesem Bereich sehr viel falsch gemacht, da es leider immer noch wesentlich mehr Verkäufer als Berater gibt. Als guter Berater besteht die primäre Aufgabe bei der Anlageberatung darin, dem Interessenten die Grundlagen der Geldanlage und die wirtschaftlichen Zusammenhänge zu erklären. Es ist dem deutschen Sparer oftmals noch nicht einmal der unmittelbare Zusammenhang zwischen Zinsen und Renditen aller Anlageklassen klar oder dass es (je nach Kategorisierung) eigentlich nur 5 oder 6 originäre Anlageklassen gibt, in die er investieren kann (trotz der Unmenge an Produkten). Zudem muss man den Kunden auch mit den Realitäten und unangenehmen Wahrheiten (z.B. ohne Risiko keine ausreichende Rendite, dass die Länge der Rentenphase heute oftmals die Ansparphase deutlich übersteigt und dies unmittelbare Folgen für die mögliche Rentenhöhe mit sich bringt usw.) konfrontieren. Die Kunden haben aufgrund des fehlenden Wissens im Bereich der Wirtschaft bzw. der Geldanlege und der irreführenden Versprechungen der Finanzindustrie sehr häufig vollkommen falsche Vorstellungen und Erwartungen. Als guter Berater muss einem daran gelegen sein, hier lieber viele Interessenten zu verlieren als irgendein Geschäft abzuschließen.

Das Ziel Ihrer Beratung ist also eine möglichst transparente Vergleichbarkeit der Produkte zu schaffen. Wie läuft der Beratungsprozess bei Ihnen im Detail ab, so dass Sie möglichst das richtige Portfolio für den jeweiligen Kunden zusammenstellen können?

Hier muss ich das Ganze in zwei Bereich einteilen. Einmal den Versicherungszweig und zum anderen den flexiblen Investmentbereich. Der Prozess der Portfoliozusammenstellung ist in beiden Bereichen größtenteils identisch. Über verschiedene Analysetools, Ratings, persönliche Gespräche usw. wählen wir aus dem großen Investment-Universum eine kleinere Anzahl (zwischen ca. 80 und 120) sehr guter Fonds und ETFs aus. Die genaue Zusammenstellung des Portfolios hängt dann insb. vom Anlagehorizont, der Risikotragfähigkeit und der Risikobereitschaft des Kunden ab. Wir unterteilen hier grundsätzlich in 3 verschiedene Risikoklassen. Die sich ständig ändernden Marktrahmenbedingungen erfordern auch eine ständige Weiterentwicklung der Anlagestrategie. Im flexiblen Investmentbereich managen wir deshalb die Kundenportfolien fortlaufend und arbeiten seit vielen Jahren nur noch mit einem sog. Serviceentgelt. Es findet also kein Verkauf von Produkten statt. Vielmehr bezahlt der Kunde unsere fortlaufende Beratungs- und Managementleistung. Der eindeutige Fokus liegt auf einer langfristigen Zusammenarbeit. Es besteht jedoch kein Vertrag mit langen Fristen. Der Kunde kann also jederzeit über sein Geld verfügen und die Zusammenarbeit beenden. Im Bereich der Versicherung ist es aufgrund des dort eingeschränkten Investment-Universums und der starreren Rahmenbedingungen des Versicherungsmantels nicht immer möglich unsere „Top-Liste“ an Fonds/ETFs umzusetzen – auch ist die laufende Betreuung nicht so einfach möglich. Hier muss man dann zusammen mit dem Kunden das Optimum unter den gegebenen äußeren Umständen umsetzen. Zunächst erfolgt aber hier eine produktunabhängige Analyse der bestehenden Ist-Situation, der Rentenwünsche und der einzelnen Vorsorgebereiche, die alle unterschiedliche Vor- und Nachteile besitzen. Es ist wichtig, dass der Kunde seine Lücke bei der Altersversorgung erkennt und man ihm (unabhängig von einzelnen Produkten) Lösungswege zur Verringerung dieser Lücke aufzeigt. Hierfür verwenden wir entsprechende Vorsorgeanalyse-Tools. Zudem muss bei den Versicherungen der Versicherungsmantel genau geprüft werden. Hier spielen weitere Rating- und Analysetools (wie z.B. Franke & Bornberg, Morgen & Morgen usw.) eine ganz entscheidende Rolle.

Der Staat fördert einige Produkte zur Altersvorsorge. Empfehlen Sie ihren Kunden staatliche geförderte Altersvorsorgeprodukte wie Riester- und Rürup-Renten sowie Betriebliche Altersvorsorge?

Aufgrund der Unfähigkeit des Gesetzgebers, wichtige (und zum Teil auch sehr einfache) Reformen bei der Riester-Rente anzugehen, empfehle ich meinen Kunden dieses Produkt schon seit einigen Jahren nicht mehr. Die „100-Prozent“-Garantie war noch nie (nicht erst seit den Niedrigzinsen) eine besonders clevere Geldanlage bei der Altersvorsorge. Die Fixierung des deutschen Sparers auf nominale Renditen und Garantien verhindert seit Jahrzehnten einen sinnvollen Vermögensaufbau. Da es sich bei der Altersvorsorge i.d.R. um lange Laufzeiten handelt, ist der Einbau von Garantien aufgrund der hohen Kostenbelastung/Renditereduzierung ohnehin zweifelhaft. Durch den starken Rückgang der Zinsen sind Garantien heute viel zu teuer und verhindern einen vernünftigen Kapitalaufbau. Über eine sinnvolle Portfoliosteuerung und Diversifikation erreicht man eine bessere Risikoreduzierung, ohne sich von den Renditenquellen abzuschneiden. Die schlechte Ausgestaltung der Garantiekonzepte wird durch die nach wie vor oftmals hohe staatliche Förderung auf den eingezahlten Eigenbetrag aus meiner Sicht nicht mehr gebührend ausgeglichen. Auch bei der betrieblichen Altersvorsorge herrscht leider ein unnötiges Chaos und große Verunsicherung. Die vorhandenen Vorteile für Arbeitnehmer und -geber versuchen wir in den Beratungen dennoch deutlich hervorzuheben. Die Rürup-Rente stellt aufgrund ihrer höheren Flexibilität, dem einfacheren Handling und dem mittlerweile ebenfalls sehr hohen Wirkungsgrad bei der staatlichen Förderung (Steuerersparnis) einen sehr interessanten Produktzweig dar.

Welche Produkte eignen sich zusätzlich zum Aufbau einer Privaten Altersvorsorge?

Neben dem Versicherungszweig müssen Anleger auch über ein flexibles Investmentdepot für die Altersvorsorge nachdenken. Investmentfonds und ETFs eignen sich hervorragend zum Vermögensaufbau und damit zur Altersvorsorge. Hier muss der Anleger aber aufgrund der fehlenden äußeren Beschränkung (man kann ja jederzeit über das Geld verfügen) eine hohe Disziplin mitbringen, um diese Geldanlage auch tatsächlich später für die eigene Altersvorsorge zu verwenden. Zudem muss er sich mit den Problemen der Verrentung, wie z.B. der Langlebigkeit, individuell auseinandersetzen.

In Zeiten niedriger Zinsen ist das Sparen etwas anspruchsvoller geworden. Ist die Nachfrage nach kompetenter Beratung in den letzten Jahren gestiegen?

Ja, eindeutig. Aber wenn man sich die Statistik der Deutschen Bundesbank zur Aufteilung der Geldanlage anschaut, liegt nach wie vor ein unfassbar großer Teil des Geldes weiterhin in vollkommen falschen Produktkategorien. Für einen sinnvollen Vermögensaufbau in Deutschland bleibt zu hoffen, dass aus dem Sparer endlich ein richtiger Investor wird. Die Niedrigzinsen und jetzt auch die Inflation zwingen die Anleger zum Handeln. Das Eingeständnis, die komplexen Zusammenhänge nicht einfach mal nebenbei und ohne fachkundige Beratung zu verstehen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, wäre für viele Anleger der erste Schritt in die richtige Richtung.

Die Pandemie ist ein Digitalisierungstreiber. Wie stark mussten Sie ihre Prozesse und Abläufe anpassen?

Nicht allzu stark, da wir bereits vorher auf Online-Beratungen gesetzt haben. Die Onlineeröffnung von Depots und die elektronische Unterschrift im gesamten Prozess wurden bestimmt schneller umgesetzt als ohne die Pandemie.

Herr Knapp, vielen Dank für das Interview.

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Sascha Knapp

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