Der krisenbedingte Lockdown hat der deutschen Wirtschaft massiv geschadet. Die Börsen fielen zeitweise um bis zu 30%. War auch der Goldmarkt betroffen?
Dr. Franz Hölzl: In Krisen, egal in welchen, suchen Menschen immer nach Sicherheit. Damit haben in Krisen immer Sachwerte, die Sicherheit gegen Kaufkraftverluste des investierten Geldes bieten, Hochkonjunktur. Das haben wir auch in der Corona-Krise gesehen. Insofern also ein ganz normaler Vorgang.
Der Goldpreis ist innerhalb von 12 Monaten stark gestiegen. Lohnen sich bei diesen Preisen Investments in Edelmetalle?
Dr. Franz Hölzl: Ob ein Preis als hoch oder niedrig empfunden wird, ist primär eine emotionale Frage. Die richtige Frage wäre, ob der Preis der Ware – also ihrem Wert, ihrer Seltenheit, ihrem Gebrauchsnutzen – angemessen ist. Ob sich ein Kauf lohnt oder nicht ist eine Frage des Erwartungshorizontes des Käufers. Diese ist unterschiedlich zu beantworten, je nachdem, ob der Käufer auf schnelle Spekulationsgewinne aus ist – ja, auch da schätze ich die Lage derzeit noch so ein, dass diese weiterhin möglich sind – oder ob der Käufer eine Diversifikation seiner Anlagen sucht, die er langfristig als Sicherheit gegen Schwankungen anderer Asset-Klassen beimischen will. Gerade für letztere, die oft Zeithorizonte von mehreren Jahrzehnten im Auge haben, kann die Frage, ob man noch kaufen soll, uneingeschränkt mit JA beantwortet werden.
Konjunkturprogramme erhöhen die Liquidität in den Märkten. Wird das Auswirkungen auf den Goldpreis haben?
Dr. Franz Hölzl: Da die Liquidität für die Konjunkturprogramme im Markt nicht vorhanden ist, sondern dafür – bildlich gesprochen – die Notenpresse angeworfen werden muss, also Buchgeld geschaffen wird, das nicht durch Sachwerte oder durch Wirtschaftsleistung gedeckt ist, werden dadurch mittel- bis langfristig inflationäre Tendenzen ausgelöst. In der Folge verfällt der Wert des Geldes und der Nominalbetrag, der für Waren, also auch für Gold, zu entrichten ist, wird steigen. Dadurch wird Gold nicht „mehr Wert“, sondern der Wert des Goldes muss nur mit mehr des durch Kaufkraftverlust entwerteten Geldes bezahlt werden. Für den Betrachter sieht das natürlich so aus, dass der Preis des Goldes steigt. Für den Eigentümer von Gold bedeutet es, dass er die Kaufkraft gesichert hat.
Welche Möglichkeit haben Privatanleger, die langfristig in Edelmetalle investieren möchten?
Dr. Franz Hölzl: Das kommt auf deren finanzielle Potenz an: Wer über genügend liquide Mittel, die er nicht anderweit benötigt, verfügt, kann Goldbarren erwerben und privat einlagern. Bitte die entsprechenden Sicherheiten wie Tresor und Versicherung nicht vergessen. Er kann auch ein Depot nutzen, wenn er die sichere Lagerung, die unproblematische Verwertung und den Service des Lagers schätzt.
Wer nicht über liquide Mittel in diesem Umfang verfügt, sollte auf einen Goldsparplan zurückgreifen, um langfristig Stück für Stück Gold zu erwerben.
Wer nicht nur Gold kaufen, sondern mit anderen Edelmetallen, wie Silber, Platin oder Palladium diversifizieren möchte, kommt um ein Depot nicht herum. Denn nur im Depot, lassen sich diese Weißedelmetalle im Zollfreilager kaufen und handeln. Mit dem Effekt, dass der Käufer die Metalle ohne Zahlung von Mehrwertsteuer erwerben und auch wieder veräußern kann. Die Mehrwertsteuer fällt nur dann an, wenn das Metall aus dem Zollfreilager entnommen und ausgeliefert wird.
Was sind die Vor- und Nachteile von Goldsparplänen im Vergleich zum Direktkauf von Gold?
Dr. Franz Hölzl: Jetzt kommt es darauf an, was Sie unter „Goldsparplan“ verstehen, insbesondere in Abgrenzung zum „Direktkauf“. Wenn Sie „Direktkauf“ als den Erwerb physischer Anlagebarren in üblicher Größe – 1 Gramm bis 1.000 Gramm – und die physische Aushändigung der Barren an den Käufer ansehen und diesen abgrenzen gegen den wiederkehrenden Kauf von geringen Mengen als Bruchteileigentum an großen Barren, sogenannten Standard-Barren, dann lassen sich die Vor- und Nachteile des „Sparplans“ wie folgt definieren:
Vorteil: Mit kleinen Beträgen kann zum jeweiligen Kaufzeitpunkt entsprechend des dann aktuellen Preises gekauft werden. Dadurch wird der Cost-Average-Effekt ausgenutzt. Mit der Zeit bildet sich so ein größerer Bestand an Edelmetall, über das der Käufer als sein Eigentum jederzeit verfügen kann.
Nachteil: Das funktioniert ausschließlich mit Lagerung über den Edelmetallhändler oder ein mit diesem kooperierendes, externes Lager. Eine Auslieferung von Barren ist erst nach sukzessivem Erwerb entsprechender Edelmetallmengen möglich. Im seriösen Handel kann der Kunde dabei über das von ihm erworbene Metall uneingeschränkt verfügen und Lieferungen in jeder möglichen Stückelung und Menge – also ab 1g – erhalten, sofern wie bei Lockdown aufgrund Corona, die Lieferwege nicht unterbrochen sind; aber das lag nicht mehr im Einflussbereich der Edelmetallhändler. Aber so können auch Kunden, die nie die finanziellen Mittel zum sofortigen Erwerb ganzer Barren oder Münzen hätten, Stück für Stück Edelmetall erwerben und ihre Vermögensstruktur diversifizieren.
Worauf sollte man der Auswahl eines Anbieters von Goldsparplänen achten?
Dr. Franz Hölzl: So wie es bei Immobilien nur drei wesentliche Kriterien für eine Kaufentscheidung gibt – Lage, Lage, Lage – gibt es bei Goldsparplänen auch drei wesentliche Kriterien: Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit und zusätzlich als viertes noch die Transparenz:
- Sicherheit der Lagerung (Hochsicherheitslager, versichert);
- Sicherheit des Lagerers (wird der Prozeß von Kauf und Lagerung extern überwacht? Idealerweise zu unregelmäßigen, vom Kontrolleur kurzfristig festgelegten Zeitpunkten);
- Sicherheit des Metalls (wo wird das Metall beschafft? Zertifizierte Scheideanstalt?);
- Transparenz: Erhält der Kunde alle Informationen jederzeit zugriffsbereit zur Verfügung gestellt?
Weitere Kriterien, wie Kaufangebote, Lagerkosten, Service- und sonstige Dienstleistungen des Händlers sind erst dann entscheidungsrelevant, wenn die 4 Grundkriterien positiv beantwortet wurden.
Der Skandal um die Firma PIM Gold hat viele Verbraucher verunsichert. Woran lassen sich schwarze Schafe erkennen?
Dr. Franz Hölzl: Wenn nur eines der 4 Grundkriterien nicht erfüllt ist, dann kann es nur heißen: Finger weg! Hinzu kommt, speziell im Fall PIM, daß dort „Zusatzleistungen“ angeboten wurden, die mit dem eigentlichen Grundgeschäft – dem Erwerb von Edelmetallen – nur peripher zusammenhingen. Solche Konstruktionen sollten potenzielle Kunden immer zur Vorsicht mahnen.
Für den Vertrieb, der ja die Suppe auslöffeln darf, wenn der Verkäufer ausfällt und Kunden zu Schaden kommen, lautet das KO-Kriterium: Kann die angebotene Provision aus der Handelsmarge (abzüglich der Verwaltungskosten des Händlers) zwischen Ankaufspreis des Händlers und dem Verkaufspreis an den Kunden, gedeckt werden? Falls der Händler noch ein Agio nimmt um den Vertrieb bezahlen zu können, dann lautet die Rechnung: Die Summe der Provisionen aller Hierarchieebenen darf nicht größer sein als die Summe aus Agio + Handelsspanne – Verwaltungskosten. Sonst entsteht ein Fehlbetrag, der bestenfalls zur Insolvenz des Händlers führt, schlimmstenfalls aber dazu, daß weniger als die erforderlichen Edelmetallmengen beschafft werden.