Gold – „der solideste Vermögenswert der Natur“

Interview mit Ronny Wagner
Gold wird in den Augen des Menschen womöglich niemals an Wert verlieren. Daher ist es nicht ungewöhnlich, dass viele das gelbe Edelmetall als sicheren Hafen in Krisenzeiten ansehen. Doch ob dies wirklich so ist, welche Vorteile man mit dem kostbaren Edelmetall in seinem Depot hat und vieles mehr zu dem Thema erklärt uns heute Ronny Wagner. Als langjähriger Experte und Inhaber der Noble Metal Factory OHG kennt er sich mit dem „Schweiß der Sonne“ bestens aus und teilt dieses Wissen mit uns.

Gold gilt als sicherer Hafen in Krisenzeiten. Zu Recht?

Eine Unze Gold (31,1 Gramm) kostete bei der Einführung des Euro im Jahr 1999 durchschnittlich 270 Euro. 22 Jahre später erreichte der Preis für die gleiche Unze Gold 1.800 Euro. Das entspricht einer jährlichen Preiszunahme von über 9 Prozent! Auf seinem Weg dorthin durchlief Gold einige der stürmischsten Zeiten der jüngeren Geschichte. Banken brachen zusammen und Währungen erzitterten. Der Goldpreis profitierte von diesen Katastrophen. Der renommierte Statistiker und Erfolgsautor Nassim Nicholas Taleb prägte für diese Eigenschaft den Begriff „antifragil“. Es bedeutet das Gegenteil von zerbrechlich.

Gold war in der Menschheitsgeschichte schon immer ein Profiteur von unruhigen und ungewissen Zeiten. Es ist das wiederentdeckte Ideal einer Geldanlage in einer Zeit, in der die anderen bis dato als vorbildlich geltenden Finanzprodukte wie Subprime-Hypotheken, Zertifikate, Kreditausfallversicherungen, Inhaberschuldverschreibungen und Derivate reihenweise den Bach runter gingen und von vornherein viel zu kompliziert waren, um sie überhaupt zu verstehen. Dem gegenüber erstrahlte Gold traditionell in altbekanntem Glanz. Es wurde wertgeschätzt über die Zeitalter hinweg und gilt als Standard des Wohlstands, als ursprüngliches Geld und sicherer Hafen. Der Wert des Goldes ist unumstößlich. Gold kann seine Stabilität und Herkunft auf ein Periodensystem der Elemente zurückführen – es ist der solideste Vermögenswert der Natur.

Der Goldpreis ist nahe am historischen Hoch. Ist aktuell der richtige Zeitpunkt zum Einstieg?

Die Menschen benötigen Lösungsalternativen gegen eine immer radikalere Geldpolitik. Gold ist eine Investition in die monetäre Unordnung. Der Goldpreis steigt, wenn Misstrauen aufkommt. Es brennt an allen Ecken lichterloh. Das Vertrauen der Menschen schwindet. Immer mehr Menschen und Unternehmen werden die Auswirkungen zu spüren bekommen. Es ist kein Geheimnis, dass die Menschen in Phasen mit unsicheren Zukunftsaussichten verstärkt Gold kaufen. Leider werden die zur Verfügung stehenden Goldvorkommen nicht mal ansatzweise ausreichen, um der dann auftretenden Nachfrage gerecht zu werden. Dann kehren wir zum ewigen Marktgesetz zurück. Also steigenden Preisen. Gold ist die Antithese zu den aktuellen Geschehnissen. Ich kann nicht erkennen, dass sich die Dinge in der nächsten Zeit zum Besseren wenden werden.  Daher rechne ich mit einem stark steigenden Goldpreis, der locker über das bisherige Allzeithoch springen und neue Bestmarken setzen wird.

Finden Sie, ist Gold geeignet für eine Altersvorsorge?

Ein interessante Frage. Wir haben es aktuell in der Eurozone mit einer Inflationsrate von 10,6 Prozent zu tun. Jede gute Altersvorsorge muss das Mindestziel haben, die Inflationsrate auszugleichen. Alles, was an Rendite oberhalb der Inflationsrate erzielt wird, ist ein echter Mehrwert und ermöglicht es dem Anleger, einen echten Wertzuwachs zu erzielen. Mir fallen aktuell nicht sehr viele Anlageformen ein, die es überhaupt schaffen, die Inflationsrate für den Anleger zu verdienen, geschweige denn, eine darüber hinaus gehende Rendite zu erwirtschaften. Rohstoffinvestments und Goldanlagen sind im aktuellen Umfeld in der Lage, der Inflation ein Schnippchen zu schlagen und dabei nicht nur Vermögen zu sichern, sondern auch welches aufzubauen. Daher ein klares Ja.

Neben Gold ist auch Silber ein beliebtes Edelmetall. Worin unterscheiden sich die Investments?

Gold ist Geld. Es ist eine Währung und kein Investment und ein Sonderfall unter den Rohstoffen. Die industrielle Verwendung von Gold ist von untergeordneter Bedeutung außer in der Schmuckindustrie. Gold wird vorrangig als Vermögenswert von Menschen aber vor allem von Notenbanken erworben. Demgegenüber ist Silber ein stark nachgefragtes Industriemetall. Das Edelmetall diente früher als Zahlungsmittel, heutzutage wird Silber neben der Schmuckindustrie auch in vielen anderen Branchen verwendet. Ca. 50 Prozent der jährlichen Förderleistung gehen in die Industrie. In den letzten Jahren ist jedoch die Investmentnachfrage nach Silber stark gewachsen. Menschen scheinen dem Silber eine gute zukünftige Entwicklung zuzutrauen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Silber Industrie- und Währungsmetall ist, Gold hingegen schwerpunktmäßig zu Anlagezwecken erworben wird.

Der Silberpreis folgt in der Regel dem Goldpreis. Ist Silber derzeit unterbewertet oder Gold überbewertet?

Im August dieses Jahres ist die Gold-Silber-Ratio auf 95 Punkte angestiegen. Das bedeutet, dass man 95 Unzen Silber aufwenden muss, um eine Unze Gold zu kaufen. Aktuell befindet sie sich bei 82 Punkten. Damit hat Silber im Verhältnis zu Gold aufgewertet. Gold hat innerhalb der letzten Wochen um ca. 10 Prozent zugelegt. Silber schaffte im gleichen Zeitraum einen Preissprung von 19 Prozent. Da die Gold-Silber-Ratio immer noch sehr hoch ist, erwarte ich, dass Silber auch in den kommenden Monaten stärker zulegen kann als Gold. Grundsätzlich bin ich sehr optimistisch bezüglich beider Preisentwicklungen.

Welche Möglichkeiten haben private Anleger, in Edelmetalle zu investieren?

Kaufen Sie nur physisches Edelmetall, keine Ansprüche oder Wertversprechen des Finanzmarktes. Sogenanntes Papiergold oder auch Buchgoldansprüche sind Lieferansprüche auf Gold in der Zukunft. Sie erwerben damit kein wirtschaftliches Eigentum an einem Goldbarren. Auf den ersten Blick sind Buchgoldansprüche in Form von ETF´s, ETC´s oder Zertifikaten auf dem Papier zunächst günstiger. Denn diese Ansprüche weisen ein geringes Aufgeld auf den Spotpreis aus. Doch bekommt der Anleger hier lediglich einen Anspruch auf Gold in sein Depot gelegt und nicht den ausgewählten physischen Barren ausgehändigt bzw. eingelagert. Kaufen Sie weltweit bekannte Anlagemünzen wie Krügerrand, Maple Leaf oder Wiener Philharmoniker bei führenden Münzprägeanstalten. Kaufen Sie Gold- und Silberbarren ausschließlich von LBMA-zertifizierten Produzenten. LBMA steht für „London Billion Market Association“. Der London Bullion Market (bullion: ungemünztes Edelmetall) ist der wichtigste Handelsplatz für Gold und Silber. Den Handel koordiniert die London Bullion Market Association (LBMA).  Zum Handel sind nur Barren von Herstellern zugelassen, die bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen. Standardbarren der LBMA haben eine hohe Feinheit. Diese muss bei Gold mindestens 999 ‰ und bei Silber mindestens 995 ‰ erreichen. Die Feinheit, die Marke des Herstellers und die Barrennummer müssen auf den Barren eingestanzt sein.

Das internationale Gütesiegel „good-delivery“ garantiert die aufgeprägten oder eingestanzten Merkmale wie Feinheit und Gewicht. Diese werden weltweit akzeptiert und gehandelt. Welche Gold- und Silberbarrenproduzenten sich diesem Standard unterworfen haben, finden Sie unter: https://www.lbma.org.uk/good-delivery/gold-current-list.

Auf diese Weise ist sichergestellt, dass Sie echte Edelmetalle erhalten. Zusätzlich erhöhen sich Ihre Chancen deutlich im Falle eines späteren Verkaufs, jederzeit einen Abnehmer für ihren Edelmetallschatz zu finden.

Man soll ja immer das Risiko streuen, die Konjunkturprojekte erhöhen ja gerade auch die Liquidität am Markt. Wie sehen Sie mittel- und langfristig die Entwicklung von Gold?

Natürlich macht es wenig Sinn, alle Eier in einen Korb zu legen. Eine überschaubare Streuung der Vermögenswerte ist grundsätzlich immer empfehlenswert. Doch bitte nicht übertreiben.  Diversifikation bzw. Streuung ist kein Allheilmittel. Sie muss in der richtigen Dosis eingesetzt werden, um als Medizin zu wirken. Denn es ist kein Geheimnis, dass Streuung Portfolios verkompliziert und deren Komplexität erhöht. So können dann Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Portfoliobausteinen gar nicht mehr überblickt werden. Solange es am Kapitalmarkt normal verläuft, also keine extremen Ereignisse stattfinden, funktioniert alles immer wunderbar. Doch kommt es zu den sogenannten „Schwarzen Schwänen*“, erhöht die Streuung das Risiko. Das Bildnis des Schwarzen Schwans steht für seltene, nicht vorhersagbare Extremereignisse mit enormem Zerstörungs- und Veränderungspotential.

Anleger sind besser beraten, sich auf wenige Anlageklassen zu konzentrieren. So bleibt alles schön überschaubar und bei der richtigen Mischung robust.

Herr Wagner, vielen Dank für das Interview.

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Ronny Wagner

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