Dipl.-Ing. Frank Völkel: Smart Home – der Trend der Zukunft

Interview mit Dipl.-Ing. Frank Völkel
Dipl.-Ing. Frank Völkel ist Geschäftsführer von Smartest Home in Unterföhring bei München. Mit ihm sprechen wir im Interview über Smart Home-Technologien, vorrangige Bereiche sowie künftige Häusle-Bauer.

Unsere Welt soll schöner, sauberer und moderner werden. Smart Home-Technologien sind ein Teil davon, aber scheinen durch die große Vielfalt teuer und nicht bezahlbar zu sein. Wie sehen Sie das?

Frank Völkel: „Smart Home“ ist momentan in aller Munde und wird vielfach als eine Art „Buzzword“ benutzt. Viele Hersteller nutzen zum Verkauf Ihrer Produkte den Begriff „Smart Home“, um im Trend zu liegen. Dadurch erscheint die Welt des Smart Home für den Einsteiger weniger überschaubar und einschätzbar. „Teuer“ wird Smart Home nur dann, wenn nicht von Anfang an konzeptionell gedacht und vorgegangen wird. Die Nachrüstung ist in jedem Fall immer viel teurer und aufwändiger als gleich zu Beginn die Ausstattung mit entsprechender Infrastruktur. Solche Begriffe wie „nicht bezahlbar“ kommen gerade aus dieser Ecke, wenn nicht konzeptionell gedacht wird. Smart Home wird dann teuer, wenn zuerst konventionell wie 1980 gebaut wird und dann zu einem bestimmten Moment festgestellt wird, dass man doch alles smart haben will. Dann müssen Wände neu geschlitzt oder Decken geöffnet werden. Die Kosten sind dann um ein Vielfaches höher, wie wenn gleich smart geplant und installiert wurde.

Ein Überangebot an unterschiedlichen Smart-Devices für die Bereiche Sicherheit, Licht, Energie, Wärme, Multimedia oder Haus-Technik ist beinahe verwirrend. Worauf sollte der „Neu-Einsteiger“ den Fokus legen, welche Bereiche haben Vorrang?

Frank Völkel: Wir beschäftigen uns tagtäglich mit der herstellerunabhängigen Konzeption und Planung von kompletten Wohnhäusern und Wohnungen als Smart Home. Als Bauherr oder Einsteiger ist es wichtig, die Wohnung zu Beginn an oder das Haus aus konzeptioneller Sicht zu betrachten. In der Planung wird die Infrastruktur für alle von Ihnen genannten Bereiche wie Beleuchtung, Verschattung, Heizung, Sicherheit etc. festgelegt. Diese folgen technischen Standards, die es aller Voraussicht nach auch noch in 30 oder 50 Jahren geben wird. Es macht keinen Sinn, auf Dinge zu setzen, die von einem einzigen Hersteller stammen und die es in wenigen Jahren nicht mehr geben wird. Denn dann war das keine gute Investition in smarte Komponenten, wenn sie sich in beispielsweise 5 oder 10 Jahren nicht ersetzen oder austauschen lassen. Im selbstgenetzten Neubau von Häusern beispielsweise setzen wir auf technische Standards wie KNX, DALI oder TCP/IP die weltweit von ca. 1000 Herstellern in Form von Produkten angeboten werden. Ein Blick zurück zeigt: Die ersten KNX Smart Homes von vor 20 Jahren können wir heute mit aktuellen Technik-Komponenten ausstatten, ohne Änderungen an der Elektroinstallation vorzunehmen oder Wände/Decken zu öffnen. Das ist der Industriestandard in der Gebäudetechnik. Beim Licht beispielsweise hat sich DALI (Digital Addressable Lighting Interface) als Standard durchgesetzt, hier bieten sehr viele Leuchtenhersteller ihre langlebigen LED-Produkte an. Also, um auf Ihre Frage zurückzukommen: Alle Bereiche, auch zukünftige mögliche, sollten von Anfang an bedacht werden.

Wie sieht es für den privaten Häusle-Bauer mit beispielsweise KfW-Förderungen beim Ausbau/Ein- oder Umbau mit Smart-Technik aus? Wird diese Modernisierung staatlich gefördert oder subventioniert?

Frank Völkel: Es gibt ab 1. Juli 2021 eine Vielzahl von Förderungen für den Hausbau – sowohl für den Neubau als auch die Sanierung. Das Ganze nennt sich BEG (Bundesförderung energieeffizienter Gebäude). Zusätzlich gibt es noch eine ganze Reihe KFW-Förderungen, die teilweise zum 30.6.2021 auslaufen. Was wird gefördert? Es wird sämtliche Smart Home Technik für Heizung, Beleuchtung, Lüftung und Klimatisierung gefördert. Das ist nur ein Beispiel. Wir haben dazu auf unserem YouTube-Kanal (youtube.com/smartesthome) eine ganze Reihe Beiträge veröffentlicht. Fakt ist: So viel Geld wie jetzt gab es noch nie für so viele Bereiche in Deutschland. Die Förderung können Sie als Eigentümer und sogar als Mieter beantragen, wenn der Eigentümer zustimmt. Bei der BEG Förderung sind bis zu 150.000 Euro pro Wohnung als Sonderkredit und bis zu 75.000 Euro pro Wohnung als Zuschuss möglich. Von der KFW gibt es Programme zur Erhöhung des Einbruchschutzes mit bis zu 50.000 Euro pro Wohnung. Also es wird gefördert und subventioniert. Wichtig für alle: Die Förderung muss zwingend vor dem Beginn der Baumaßnahmen erfolgen und von einem Fachbetrieb installiert werden.

Es heißt, dass der CO2-Ausstoss und der Energieverbrauch durch die Smart Home-Technologie verringert wird. Wie kann man sich das vorstellen?

Frank Völkel: Durch die in einem Smart Home integrierte Regeltechnik wird der Energieverbrauch und die Eigenenergieerzeugung (sofern durch Photovoltaik vorhanden)

optimiert. Alles wird nur bei Bedarf benutzt. Das heißt: Beleuchtung, Lüftung und Heizung sind in einem Raum nur dann aktiv, wenn auch ein Bewohner sich darin aufhält. In Verbindung mit einer PV-Anlage lässt sich der Eigenverbrauch über die Smart Home Steuerung optimieren: Wenn die Sonne schein, dann werden Verbraucher wie Herd, Geschirrspüler oder Klimaanlage direkt versorgt und es wird gar kein Strom aus dem Netz entnommen. Alles was an zusätzlichem Strom noch übrig bleibt, wird in einer Batterie gespeichert. Der in der Batterie gespeicherte Strom kann in den Abendstunden und am Morgen das gesamte Haus versorgen – völlig autark vom öffentlichen Stromnetz. Wenn Sie gleichzeitig noch ein Elektroauto haben, dann kann das Fahrzeug ebenfalls über die PV-Anlage geladen werden. Sie haben sozusagen ihre eigene Stromtankstelle im Haus. Mit der Regeltechnik im Smart Home sind wir in der Lage, Prioritäten beim Eigenstromverbrauch zu setzen: Soll also zuerst der Akku des Elektroautos vollgeladen werden, damit ich am nächsten Morgen 500 km Reichweite habe oder soll zuerst die Spülmaschine oder Waschmaschine laufen, weil Gäste kommen?

Die Smart Home-Technologie für private Wohnungen oder Häuser gibt es seit etwa 1993 in Deutschland. Dafür scheint die Technologie aber erst recht wenig bei uns genutzt zu werden. Liegt das daran, dass die Menschen am  Alt-Hergebrachten festhalten und veränderungsresistent sind, oder woran?

Frank Völkel: Oh ja, das kann ich nur bestätigen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Bau- und Immobilienbranche sich mit am schwersten tut, auf Veränderungen zu reagieren und das Thema „Digitalisierung“ ansatzweise umzusetzen. Smart Home im individuellen Highend-Segment gibt es schon seit über 20 Jahren. Ich habe selbst 2008 eines der ersten Smart Homes am Münchner Stadtrand konzipiert und umgesetzt. Die meisten Bauherren von heute haben immer noch keinen Überblick über die Möglichkeiten, die es gibt, ein Smart Home als Wohnung oder Haus umzusetzen. Das fängt schon bei der Elektroverkabelung an, die viele Elektriker noch wie im Jahre 1980 umsetzen und installieren wollen. Es fehlt am konzeptionellen Vorgehen, das die Wohnung oder das Haus mit den Möglichkeiten von 2021 entstehen lässt. Im gehobenen Segment hält immer mehr „Smart Home“ deshalb Einzug, weil Leute wie wir die Konzeption und Planung übernehmen und der Elektriker nach Plan die Installation vornimmt. Wenn es keine Planung gibt, dann wird im althergebrachten Stil die Elektrik unsmart umgesetzt und dann ist auch nichts mehr zu retten.

Was kostet es etwa, ein Einfamilienhaus mit den wichtigsten smarten Technologien auszurüsten – unkompliziert und benutzerfreundlich?

Frank Völkel: Ein Smart Home ist immer unkompliziert und benutzerfreundlich. Wenn Sie es wünschen, brauchen Sie gar nichts mehr „von Hand“ zu tun. Viele Dinge wie Lichtsteuerung, Heizungsregelung, Sicherheit/Videoüberwachung, Sonnen-/Wetterschutz oder Gartenbewässerung laufen vollkommen automatisch und ohne ihr Zutun ab. Was das kostet? Ich vergleiche es mal mit dem Preis eines Autos: Es hängt von den Wünschen und der Ausstattung ab. Einen groben Richtwert haben wir über die Jahre errechnet: 10 Prozent zu den Gesamtkosten einer Wohnung oder eines Hauses müssen Sie hinzurechnen, um ein richtig gutes Smart Home zu bekommen.

Also wenn eine Wohnung z.B. 500.000 Euro kostet, dann kostet die Smart Home Wohnung 550.000 Euro.

Herr Völkel, vielen Dank für das Gespräch!

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