Unsere Welt soll schöner, sauberer und moderner werden. Smart Home-Technologien sind ein Teil davon, aber scheinen durch die große Vielfalt teuer und nicht bezahlbar zu sein. Wie sehen Sie das?
David Wulf: Was Preise und Bezahlbarkeit von Smart Home-Technologien angeht, trifft eher das Gegenteil zu. Der Markteintritt von Google und Amazon mit ihren Sprachassistenten haben der Branche einen großen Schub gegeben und die Nachfrage nach Smart Home-Geräten enorm angekurbelt. Durch die Produktion größerer Stückzahlen sind die Preise für Devices in den letzten Jahren stark gesunken. Dank Smart Home-Funktechnologien profitieren auch Mieter von der Technik, denn aufwändige und teure Umbaumaßnahmen für kabelgebundene Smart Home-Systeme sind nicht mehr nötig.
Ein zweiter großer Faktor, der den Smart Home-Markt stetig anfeuert, sind die ständig steigenden Energiepreise. Smart Home-Technologien helfen dem Verbraucher hier sparen. Die Investitionen sind minimal. Ein „intelligentes“ Heizthermostat für zeitgesteuertes Heizen mit komfortabler App-Bedienung fürs Smartphone gibt es bereits für zirka 25 Euro. Mehr ist nicht nötig, und das Schöne daran: Es profitiert nicht nur der Verbraucher, sondern auch die Umwelt. Leider werden in vielen Medien Technik und saubere Umwelt als konträr zueinander dargestellt. Das finde ich sehr schade, denn insbesondere Smart Home-Technologien helfen dabei, die Umwelt zu schonen und gleichzeitig den Wohnkomfort für den Menschen zu erhöhen.
Der dritte Faktor, der sich erst in zehn Jahren entfalten wird ist die steigende Überalterung der Gesellschaft. Hier werden Smart Home-Technologien dabei helfen, dass Menschen länger in ihren gewohnten Wohnumgebung leben können. Für mich ist es deshalb nur eine Frage der Zeit, bis Smart Home-Technologien zur Standardausstattung von Wohnungen oder Häusern werden.
Ein Überangebot an unterschiedlichen Smart-Devices für die Bereiche Sicherheit, Licht, Energie, Wärme, Multimedia oder Haus-Technik ist beinahe verwirrend. Worauf sollte der „Neu-Einsteiger“ den Fokus legen, welche Bereiche haben Vorrang?
David Wulf: Das ist eine gute Frage und die Antworten sind so vielfältig wie die Bedürfnisse der einzelnen Bewohner. Generell würde ich den Bereich Energie und Wärme als einen Hauptfokus benennen. Denn dieser Bereich trifft sowohl für gewerbliche als auch private Bauten zu. Bei Gewerbebauten folgt dann die Sicherheit in Form von Zutrittskontrolle und Licht. Die Zeiten, in denen der Hausmeister 20 Büros kontrollieren musste, ob überall das Licht ausgeschaltet wurde, sind vorbei. Bei einem Smart Home oder Smart Office lassen sich alle vernetzten Geräte zentral von einem Display aus steuern, oder auch von unterwegs vom Smartphone aus. Energie und Wärme sind auch im Privatbereich ein großes Thema, das den steigenden Energiepreisen geschuldet ist.
Ein wichtiges Entscheidungskriterium im Privateinsatz ist mittlerweile der genutzte Sprachassistent. Hier sollte sich der Nutzer vor einer Anschaffung fragen: Ist mir Sprachbedienung und Sprachassistenz wichtig? Und wenn ja, arbeitet das Smart Home System oder die Smart Home-Geräte mit dem präferierten Sprachassistenten zusammen? Ist diese Frage entschieden, lässt sich der Rest je nach Bedarf skalieren. Soll Geld gespart werden, legt man den Fokus auf Energie und Wärme. Lebt man in einer Umgebung, in der viele Einbrüche stattfinden, ist vielleicht das Thema Sicherheit der Grund Geld für Smart Home-Technologien auszugeben. Multimedia ist eher veraltet, heute spielt Entertainment eine große Rolle. Eine Video- oder Musikstreaming-Flatrate kostet meist monatlich weniger als eine einzelne CD oder DVD. Bin ich ein Musikfreund, wird vermutlich darauf der Fokus liegen. Dann ist die Frage, welches smarte Multiroom-Audiosystem passt zu mir? In unserem home&smart Verbraucherportal bieten wir den unterschiedlichen Nutzergruppen auf all diese Fragen kostenlose Entscheidungshilfe an.
Wie sieht es für den privaten Häusle-Bauer mit beispielsweise KfW-Förderungen beim Ausbau/Ein- oder Umbau mit Smart-Technik aus? Wird diese Modernisierung staatlich gefördert oder subventioniert?
David Wulf: Definitiv. Die Politik hat das Potenzial der Smart Home Technik frühzeitig erkannt. Für Bauherren und Bewohner sind hier vor allem die Förderprogramme 159 und 455 mit dem Titel „Altersgerechter Umbau“ interessant, ein anderer Schwerpunkt ist die Erhöhung der Sicherheit oder energieeffizientes Sanieren (151, 152 und 430). Darunter fallen zum Beispiel der Einbau oder die Nachrüstung von einbruchhemmenden Haus- und Wohnungseingangstüren, was auch smarte Türspione oder Gegensprechanlagen einschließt. Voraussetzung, um in die Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Anspruch nehmen zu können ist allerdings, dass die Baumaßnahmen von einem Fachbetrieb vorgenommen werden. Mit anderen Worten: Die KfW will eine Handwerker-Rechnung sehen. Der Fachbetrieb hilft in der Regel auch bei der Antragstellung sowie der bedarfsgerechten Planung. Wer hingegen auf ein DIY Smart Home setzt und alles in Eigenregie machen will, geht leider leer aus.
Es heißt, dass der CO2-Ausstoss und der Energieverbrauch durch die Smart Home-Technologie verringert wird. Wie kann man sich das vorstellen?
David Wulf: Wie bereits eingangs erwähnt, spielen smarte Heizungslösungen eine große Rolle, von der sowohl die Bewohner als auch die Umwelt profitieren. Konkret kann man sich das so vorstellen: Ein intelligentes Thermostat erstellt anhand der Nutzerwohngewohnheiten automatische Heizprofile. Über einen Sensor stellt das System fest, ob sich jemand im Raum befindet und öffnet dann das Heizventil oder schließt es, sobald der Sensor meldet, dass sich keine Personen mehr im Raum befinden. Das gleiche gilt beim Öffnen eines Fensters. Relativ neu sind smarte Heizkörperthermostate mit Geo-Funktionen. Diese bleiben über das Smartphone mit dem Nutzer verbunden. Stellen sie fest, dass die Bewohner das Haus verlassen haben und sich weiter als 10 Kilometer vom Haus entfernt haben, wird die Heizung heruntergeregelt. Weniger Energieverbrauch bedeutet weniger CO2-Ausstoss. Das gleiche gilt für Strom. Mittels smarter Steckdosen kann der Nutzer auch von unterwegs auf dem Smartphone überprüfen, ob alle elektrischen Verbraucher ausgeschaltet sind. Oder er legt Automatismen fest, die dafür sorgen, dass sich alle elektrischen Verbraucher ab 11 Uhr nachts abschalten.
Die Smart Home-Technologie für private Wohnungen oder Häuser gibt es seit etwa 1993 in Deutschland. Dafür scheint die Technologie aber erst recht wenig bei uns genutzt zu werden. Liegt das daran, dass die Menschen am Alt-Hergebrachten festhalten und veränderungsresistent sind, oder woran?
David Wulf: Nein. Mit der Smart Home-Technologie verhält es sich wie mit allen anderen Technologien. Die Nachfrage steigt mit dem Bedarf. Ist Strom und Heizenergie billig, habe ich keinen Druck in energiesparende Smart Home-Technologien zu investieren. Bin ich jung und beweglich, muss ich meine Stehlampe oder den TV nicht unbedingt per Sprachsteuerung ein- und ausschalten, ich stehe einfach auf und betätige die Schalter von Hand. Natürlich spielt auch der Preis eine Rolle. Wer wenig Geld hat, denkt erst an die Befriedigung der Grundbedürfnisse. Smart Home spielt dann eine untergeordnete Rolle.
Sind Menschen veränderungsresistent und halten am Alt-Hergebrachten fest? Die Menschheitsgeschichte lehrt uns das Gegenteil: als einzige Spezies haben wir uns stetig und immer schneller auf Veränderungen eingelassen und immer neue Werkzeuge entwickelt. Aber: Das Werkzeug muss einen Nutzen bieten. 1993 war eine andere Zeit als 2017. Mit der Einführung der smarten Lautsprecher mit ihren Entertainment-Funktionen wurden die Geräte auch für junge Menschen interessant. Mit den stetig steigenden Energiepreisen und dem Älterwerden der Gesellschaft rücken Smart Home-Technologien immer mehr ins Interesse der Menschen, denn jetzt können sie direkten Nutzen daraus ziehen.
Was kostet es etwa, ein Einfamilienhaus mit den wichtigsten smarten Technologien auszurüsten – unkompliziert und benutzerfreundlich?
David Wulf: Wenn man in Dimensionen wie einem kompletten Einfamilienhaus denkt, rücken vor allem kabelgebundene professionelle Smart Home Systeme in den Fokus. Hier sollte man unbedingt einen Fachpartner hinzuziehen, denn ein professionelles Smart Home System erfordert einiges an Programmieraufwand, schließlich müssen die vernetzen Geräte miteinander in Beziehung gesetzt werden. Denken Sie an Wenn-Dann-Bedingungen: Sinkt die Temperatur im Wohnzimmer unter 22 Grad, dann soll das Thermostat das Ventil solange öffnen, bis die Wunschtemperatur erreicht ist und sich dann wieder schließen. Eine komplette Haussteuerung ist natürlich um ein Vielfaches komplizierter. Zudem nutzen professionelle Smart Home Systeme oft Unterputzlösungen für Schalter, was in den meisten Fällen schon aus Sicherheitsgründen für die Installation eine Elektrofachkraft erfordert. Der Preis hängt stark vom Umfang der Installation ab: Soll nur das Licht smart geschaltet werden oder auch die Heizung? Soll die Installation Entertainment beinhalten oder Sicherheitsfunktionen wie Alarmierung bei Einbruch, vernetzte Rauchmelder oder vernetzte Wassersensoren in Waschküche und Kellerräumen? Um eine Hausnummer zu geben, würde ich sagen, Nutzer sollten mit Kosten von zirka 50 Euro je Quadratmeter rechnen, nach oben ist die Skala dabei weit offen, auch das 10-fache ist möglich. Anbieter wie eNet oder myGekko helfen hier weiter, um nur zwei Beispiele zu nennen. Der Vorteil: eNet oder myGekko unterhalten Partnerschaften mit verschiedenen Smart Home Geräteherstellern und integrieren diese dann in ihr eigenes Smart Home OS. Der Nutzer bekommt nichts davon mit, für ihn verhält sich das System als wäre es aus einem Guss.
Wer auf ein Do it Yourself (DIY)-Smart Home setzt, kann natürlich viel Geld sparen. In der Regel basieren DIY-Smart Homes auf Smart Home Funkstandards – Baumaßnahmen sind deshalb nicht nötig. Für ein komplettes Einfamilienhaus bieten sich hier Starter-Packs von renommierten Unternehmen an, wie z. B. von ABUS, Bosch, Hornbach oder Homematic IP. Ein Smart Home Starter Kit mit Smart Home-Zentrale und zirka drei Smart Home Geräten gibt es dann bereits für ca. 150 Euro. Die Installation ist spielend einfach. Wer schon einmal ein Smartphone in ein WLAN-Heimnetzwerk eingebunden hat, kommt sofort zurecht. Wer nur eine 1- oder 2-Zimmer-Wohnung bewohnt, kann bereits mit einem Amazon Echo für 50 Euro damit beginnen sein Zuhause in ein Smart Home umzuwandeln. Vier Alexa-kompatible WLAN-Zwischenstecker gibt es mittlerweile bereits für ca. 30 Euro. Der Einstieg in die Smart Home-Welt ist damit bereits für weit unter 100 Euro möglich.